Welt am Draht (1973)
Zum heutigen Welttag des Fernsehens sei an dieser Stelle eine Fernseharbeit von Rainer Werner Fassbinder in Erinnerung gerufen, die am 14. Oktober 1973 erstmals zu sehen war. Fassbinder, eines der zentralen Gesichter des Neuen Deutschen Films, inszenierte mehrfach auch für die heimischen Mattscheiben: von "Das Kaffeehaus" (1970) über Rio das Mortes" (1971) und "Pioniere in Ingolstadt" (1971), über "Wildwechsel" (1972) und "Bremer Freiheit" (1972), über die Serie "Acht Stunden sind kein Tag" (1972) und den Zweiteiler "Welt am Draht", über "Nora Helmer" (1973), über "Ich will doch nur, dass ihr mich liebt" (1976), "Bolwieser" (1977) und "Frauen in New York" (1977) bis hin zur Serie "Berlin Alexanderplatz" (1980) ...
"Welt am Draht" dürfte neben "Berlin Alexanderplatz" zu den langlebigsten Erfolgen seiner TV-Arbeiten gehören: Beide Male handelt es sich um Literaturverfilmungen; einmal prestigereiche Weltliteratur, einmal der dystopische Sci-Fi-Roman "Simulacron-3" (1964) von Daniel F. Galouye, der 1999 nochmals von Josef Rusnak verfilmt wurde. Entstand die zweite Verfilmung unter dem Eindruck des Siegeszuges des Internets und der CGI-Technologie gleichermaßen, entstand Fassbinders Version im Jahr des Xerox Alto noch im Kontext des Computers (und der experimentellen Comupterfilme) sowie eben ... der Glotze. Wie später in "Videodrome" (1983) gerät der Bildschirm hier zum abschirmenden Helm, in dem man versinkt, um zugleich der Außenwelt abhanden zu kommen. Auch hier wird der trennende Schirm bald durchlässig erscheinen: Klaus Löwitsch stößt im Zusammenhang mit der Simulation Simulacron-1 zuerst auf tote Kollegen – und dann auf eine Realitätsebene über der seinen. Galouyes Prämisse, für die sich Fassbinder in Ruhe Zeit nimmt, einige reizvolle Inszenierungskniffe und Michael Ballhaus' Kamera, der namhafte, packende Cast sowie der Mangel an konkurrierenden Filmen zu jener Zeit sorgten dafür, dass sich "Welt am Draht" dem deutschsprachigen TV-Publikum nachhaltig einbrachte. Die über Jahrzehnte schlechte Verfügbarkeit des Films hat zu seinem legendären Status sicherlich beigetragen. Mit der DVD-Veröffentlichung ist der Film in den 10er-Jahren dann nochmals breiter als wichtiger Klassiker des Sci-Fi-Films rezipiert worden. Und als eine Perle deutscher Fernseh-Filmkunst.
Schön ausgestattet und günstig kommt die Arthaus Premium-Edition des Films daher: Fassungseintrag von Nerf
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