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von PierrotLeFou

Vor 100 Jahren: Jesus-Biopic von Dimitri Buchowetzki

Stichwörter: 1920er Bibelfilm Biographie Buchowetzki Deutschland Drama Historienfilm Jubiläum Klassiker Religion Spielfilm Stummfilm

Der Galiläer (1921)

Dimitri Buchowetzki ist hauptsächlich für die Filme "Danton" (1921), "Othello" (1922) und "Peter der Große (1923) bekannt, in denen jeweils Emil Jannings agierte (sowie Werner Krauss in den erstgenannten zwei Titeln). Obgleich schon diese Titel nicht unbedingt zum Kanon deutscher Stummfilmgeschichte gehören, sind sie doch bekannter als die Hollywood-Stummfilme, die Buchowetzki ab 1924 inszenierte, oder als die Erstlingswerke Buchowetzkis ab 1919. Greifbarer ist derzeit allerdings einer der zwischen "Danton" und "Othello" entstandenen Filme, der wie anderen genannten Titel ein historisches Setting behandelt
und eine einzelne Figur ins Zentrum rückt: "Der Galiläer", uraufgeführt am 13. November 1921, ist nicht unbedingt aufgrund seiner Qualitäten zugänglich gemacht worden, sondern weil dem Rechteinhaber, der Katholischen Filmwerk GmbH, der Film als Jesus-Biopic bedeutsam erschien. Immerhin: Über etwa sieben Dekaden hinweg galt "Der Galiläer" als verschollen – und vermag zumindest als Passionsfilm, der ja beinahe eine Art eigenes Subgenre darstellt, ein wenig Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen. Interessant ist aus (film)historischer Perspektive auch der populäre Antisemitismus der Weimarer Republik, der sich hier auf vielerlei Weise niederschlägt. Vom Einzug im Jerusalem bis hin zur Kreuzigung samt Andeutung des Fortbestandes Jesu Christi verfolgt "Der Galiläer" Leben, Wirken und Sterben der Titelfigur – gefilmt in Freiburg, aber doch durchaus mit exotischen Schauwerten reizend. In der Abfolge der altbekannten Stationen bleibt die Dramaturgie des Films denkbar unbeeindruckend und bis auf die (nicht unbedingt perfekte, aber doch solide) Inszenierung von Massen und Kulissen ist die Form kaum der Rede wert. Caligari-Regisseur Robert Wiene konnte Buchowetzkis "Der Galiläer" zwei Jahre später mit seinem an D. W. Griffith geschulten "I.N.R.I." (1923) – der zeitgleich zu Cecil B. DeMilles Bibelfilm "The Ten Commandments" (1923) das biblische Geschehen neben eine Gegenwartshandlung stellt – merklich überflügeln, was den Status von Buchowetzkis Film sicher noch zusätzlich schmälerte. Das lange Zeit verschollene, in den 90er Jahren wiederentdeckte, 1994/1995 restaurierte und ab 2009 vom KFW stumm sowie ab 2018 mit immerhin drei Tonspuren auf DVD veröffentlichte, bloß 54 Minuten lange Kuriosum entpuppt sich vielleicht als kleine Enttäuschung, ist aber – auch aufgrund der vielen Tonspuren der jüngsten deutschen DVD-Veröffentlichung – für Stummfilmliebhaber freilich noch eine Sichtung wert.
Aufgrund der drei Tonspuren ist die jüngere KFW-DVD (Fassungseintrag von Freddy J. Meyers) sicherlich vorzuziehen. Arbeitshilfen hat das KFW zudem bereitgestellt auf http://www.materialserver.filmwerk.de/arbeitshilfen/der_galilaeer_ah.pdf


Kommentare und Diskussionen

  1. PierrotLeFou sagt:

    Erbauliche Ostertage allen Usern – hier wieder einmal mit einem Bonus-Titel eingeleitet… 🙂

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