Honô to onna (1967)
Mariko Okada brilliert in "Honô to onna" wie auch schon in vier vorangegangenen Filmen Yoshishige Yoshidas, mit welchem sie seit 1964 verheiratet ist. Zu sehen war sie zuvor - wie auch schon ihr Vater - unter der Regie Yasujirô Ozus, dessen Spätwerk Yoshida einst als Kritiker recht skeptisch besprochen hatte. Drei, vier Jahrzehnte schreibt er dann 1998 ein aufgeschlosseneres Buch über den japanischen Meisterregisseur - das bis dahin einzig japanische Ozu-Buch, das ins Englische übertragen wird: Ozu's Anti-Cinema ist der englische Titel; und hier zeigt sich trotz aller Unterschiede zwischen Ozu, der sich nach seinen Stummfilm-Zeiten alsbald als berühmter Minimalist des Kinos betätigt hatte, und Yoshida, dem Aushängeschild der Nuberu Bagu, auch eine Gemeinsamkeit... und Yoshidas Filme selbst wurden dann mitunter auch als Anti-Filme und Anti-Melodramen besprochen. Die Gemeinsamkeit besteht im Verstoß der Konventionen, im konsequenten Regelverstoß, der sich bei Ozu und Yoshida gleichermaßen mit großer Formstrenge ereignet: Bei Ozu sind es die bewegungsarmen, oft statischen Einstellungen, die aus geringer Höhe auf das Geschehen blicken, bei Yoshida sind es die Weitwinkelaufnahmen, die statischen Objekte im Vordergrund, die überbelichteten Bilder und die oftmals streng geometrischen Kompositionen; bei Ozu sind es die familiären Geschichten, in denen kleine Konflikte die bisherige Tradition auf unkonventionell geruhsame Weise irritieren, bei Yoshida sind es parabelhafte Stoffe über den Druck, der sich in den verschiedensten Lebenssituationen aufstaut.
Im am 1. Dezember 1967 uraufgeführten "Honô to onna" (1967) ist es die Kinderlosigkeit eines Paares, welche die inneren Konflikte hervorruft, die mit der künstlichen Befruchtung erst recht keine Lösung finden: Der biologische Vater mag nicht wichtiger als der soziale Vater sein - was aber, wenn der Gedanke an den biologischen Vater die Eltern nicht loslässt? Und was für einen Status hat ein kinderloses Paar (zumindest im Japan Mitte der 60er Jahre) überhaupt inne? Diese Fragen kommen im üblichen Yoshida-Stil daher: Sei es, dass Zäune, transparente Regenschirm-Oberflächen oder Mauerecken den Vordergrund des Bildes einnehmen - die Geschichte selbst rückt stets in die Distanz, wird seltsam abgeschirmt und entlarvt den eigenen Schein- & Illusionscharakter, den alle Spielfilme besitzen, als ebensolchen - und ermöglicht damit eine abstrahierende Lektüre. Extreme Aufsichten erzielen einen sehr ähnlichen Effekt, wohingegen eine die Figuren umkreisende Kamera einzelnen Klischees, die hier Schlüsselszenen bilden, jede Menge Pathos verleiht. Neben eindrucksvolleren Yoshida-Filmen wie "Onna no mizuumi" (1966), "Jôen" (1967), "Erosu + gyakusatsu" (1970) oder "Rengoku eroica" (1970) gehört "Honô to onna" zwar zu den eher vernachlässigten Filmen der hierzulande noch immer viel zu unbekannten Regiegröße - lohnt eine Sichtung aber dennoch in jedem Fall und weist alle Yoshida-Qualitäten in sich auf.
Im Gegensatz zur japanischen DVD von Shochiku (Fassungseintrag von Venom138) weist die französische DVD von Carlotta zumindest französische UT auf (Fassungseintrag von PierrotLeFou).
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