La fille de Dracula (1972) & Les deux orphelines vampires (1997)
Nicht zuletzt Jean Rollin und Jess Franco war der kleine Boom an erotischen Vampirfilmen zu verdanken, der Anfang der 70er Jahre unübersehbar war, zum Ende der Dekade aber bereits wieder merklich an Bedeutung verloren hatte: Die Hammer Studios, welche die Karnstein-Trilogie vorgelegt hatten, haben ihre Horrorfilmproduktion Mitte/Ende der 70er Jahre ohnehin beendet, und Jess Franco und Jean Rollin waren daneben gewissermaßen die einzigen Institutionen, bei denen erotische Vampirinnen, bei denen vampirische Erotik eine echte Konstante darstellte. Andere Regisseure wie Harry Kümel, Juan López Moctezuma oder Vicente Aranda hatten sich dem Sujet bloß einmalig angenommen, als es gerade en vogue war (und trotz dieser Trittbrettfahrerei mit die besten und ambitioniertesten Beiträge abgeliefert), später legte auch der wie Jean Rollin Surrealismus-affine Alain Robbe-Grillet mit "La belle captive" (1983) nach, bei dem das Spiel mit dem erotischen Vampirfilm schon so sehr Zitat war wie das Spiel mit dem film noir. Franco und Rollin indes hielten ihren Lieblingsmotiven die Treue, wobei sich Franco ab den späten 90er Jahren in extreme Niederungen begeben hatte, denen man überhaupt nur dann noch etwas Gutes abgewinnen konnte, wenn man längst Francos Schaffen als permanente Variationen hervorbringendes Work in progress erkannt hat. Auch bei Rollin gab es einen qualitativen Abfall, der aber nicht ganz so krude ausgefallen ist.
Der am 9. Juli 1997 uraufgeführte "Les deux orphelines vampires" ist einer seiner späten Vampirfilme – und leitete eine vier Filme umfassende Phase des Spätwerks ein, die noch einmal eine Rückbesinnung auf Rollins Frühwerk (und an "Perdues dans New York" (1989) als lange Zeit letzten echten Rollin) darstellte und mit Selbstzitaten ebenso hantiert wie mit essayistischen, metapoetischen Versatzstücken. Hier sind es wieder einmal schöne Frauen im Doppelpack, auch hier sind es wieder Vampirinnen, wenn sie auch bloß nachts als solche agieren, um tagsüber als blinde Waisenmädchen ein unschuldiges Dasein zu fristen. Ihre Andersartigkeit ist ihnen selbst durchaus bewusst – und sie imaginieren sich ihre Verwandtschaft mit all den anderen andersartigen Phantasiegestalten menschlicher Einbildungskraft; aber ihr übernatürliches Leben zwischen allnächtlicher Ekstase und Wunscherfüllung ist auch bedroht ... Märchenhaft und naiv schildert Rollin diesen Stoff, der wie seine Hauptfiguren aus der Zeit gefallen zu sein scheint – und eben ganz und gar den Geist jener Filme atmet, die Rollin ein Viertjahrhundert zuvor drehte.
Mehr? Review von Sawyer_81
Ein Vierteljahrhundert zuvor legte Jess Franco seinen um Jahresanfang gedrehten und am 14. Dezember 1972 uraufgeführten "La fille de Dracula" vor und lieferte einen weiteren seiner Beiträge zum erotisierten Vampirfilm ab: Keine Karn-, aber einen Karlstein gibt es hier, von dem die Hauptfigur des Films abstammt, die zum Ort ihrer Kindheit zurückreist, wo sie zum einen eine sexuelle Beziehung mit ihrer Cousine eingeht, zum anderen in eine frisch begonnene Reihe von Mordtaten und die Vampirlegenden um die eigene Familie verstrickt wird. Zwar ist der Film mit seinem leicht altmodischen Dracula-Motiv-Schnickschnack und gothic-Anleihen etwas vordergründiger als die zeitgeistigeren Klassiker wie "Vampyros Lesbos" (1971), in denen Lust und Last, Ekstage und Agonie, Eros und Thanatos wesentlich überzeugender verschmelzen, orientiert sich im Dunstkreis von "Drácula contra Frankenstein" (1972) und "La Maldición de Frankenstein" (1973) noch etwas mehr an Francos Towers-Phase, aber dennoch gibt er ein gutes, stimmiges Bild des Vampirfilms seiner Zeit ab – zumal mit den modischen Breitwinkelaufnahmen, über denen einmal mehr Musik von Daniel White rauscht, der hier auch (neben, wie so oft, Jess Franco himself und Howard Vernon) vor der Kamera zu sehen ist. Ein 2003 neu angefertigter Soundtrack ist zusätzlich zur älteren Fassung auf der vergriffenen DVD von X-Rated zu bekommen: Fassungseintrag von panda
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