Szindbád (1971)
Der ungarische Schriftsteller Gyula Krúdy verfasste mehrere Erzählungen, gesammelt in zwei Novellenbänden, rund um die Figur Szindbáds, deren Name freilich an Sindbad, den Seefahrer, erinnert. Abenteuer auf den Weltmeeren erlebte Krúdys Szindbád indes nicht; seine Reisen führen vielmehr einen unsteten Charakter von Frau zu Frau – und von Erinnerung zu Erinnerung. Aus den Erzählungen fertigte Zoltán Huszárik eine abendfüllende Verfilmung, die regelmäßig zu den besten ungarischen Filmen überhaupt gezählt wird. Huszárik hatte die 60er Jahre hindruch mehrere Kurzfilme essayistischer und dokumentarischer Art gedreht: Schon "Elégia" (1965) bestach mit seiner ungewöhnlichen Montage, die Beständigkeit wie Wandel vermittelte – und Huszárik im Grund empfahl für die Krúdy-Verfilmung, in der kaleidoskopartig ein Leben im assoziativ fließenden Durcheinander der Erinnerungen aufgeblättert wird. "Szindbád", uraufgeführt am 25. November 1971, ist ein filmischer Bewusstseinsstrom, der auch an James Joyce denken lässt, der vor allem im berühmten Monolog Molly Blooms im "Ulysses" (1922) sowie durchgängig in "Finnegans Wake" (1939) den Bewusstseinsstrom in schwindelerregende Höhen trieb: Und durch Leopold Blooms Gedankenwelt geisterte eben auch Sinbad, the Sailor ... und "Tinbad the Tailor and Jinbad the Jailer and Whinbad the Whaler..." Huszárik gelingt es, die in Erinnerungen zerfasernde Handlung mit seiner assoziativ springenden Montage sinnlich stark affizierender Einstellungen perfekt zu formen: Die internationale Kritik und das ungarische Publikum fanden daran dann auch großen Gefallen. Dennoch sollte es – wegen des Todes eines vorgesehenen Hauptdarstellers und daran anknüpfender Probleme – zehn Jahre dauern, bis wieder ein abendfüllender Spielfilm Huszáriks in die Kinos kam: "Csontváry" (1980), entstanden in aufreibender jahrelanger Arbeit, geriet zum bis dahin teuersten ungarischen Film, der dann weder bei Kritik noch Publikum punkten konnte. Huszárik, der zwischenzeitlich Depressionen und eine Alkoholsucht entwickelt hatte, nahm sich dann – 50jährig – 1981 das Leben.
Während "Csontváry" noch heute ein Schattendasein fristet und schwer zu bekommen ist, liegt Huszáriks großer Klassiker beim britischen Label Second Run seit zehn Jahren auf DVD vor: Fassungseintrag von Sir Francis
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