12 Monkeys (1995)
Der als schwierig und exzentrisch geltende Regisseur Terry Gilliam hatte mit „The Fisher King“ (1991, Anniversary-Text) bewiesen, daß er auch massentaugliche Hollywoodfilme fertigen konnte, und so heuerten die Universal-Studios ihn für die Verfilmung von „Twelve Monkeys“ an. Eine gute Wahl, denn am 8. Dezember 1995 prämierte damit der vielleicht beste Science-Fiction-Film der 1990er, der trotz seines schmalen Budgets weltweit überaus erfolgreich war und sich bis heute großer Beliebtheit erfreut.
„12 Monkeys“ ist jedoch kein Blockbuster von der Stange, schon gar keine Tentpole-Produktion, sondern das Ergebnis des Zusammentreffens mehrerer einzigartiger Umstände. Zunächst beruht der Plot auf dem puristischen Foto-Kurzfilm „La Jetée“ (1962) des französischen Dokumentar- und Essayfilmers Chris Marker. Diese Zeitreisegeschichte wurde mit Markers Erlaubnis von den oscardekorierten Drehbuchautoren Janet und David Peoples ausgebaut, mit reichlich intertextuellen Verweisen versehen sowie dem emotionalen Kern einer tragischen Liebesgeschichte ausgestattet. Der Autorenfilmer Terry Gilliam bringt die für ihn typischen Stilmerkmale mit (Weitwinkelaufnahmen, fantasievolle und überbordende Ausstattung, hohes Erzähltempo, satirische Seitenhiebe), ordnet sie aber dem Plot unter, um die komplexe narrative Struktur nicht zu überdecken. Schließlich stoßen der etablierte Hollywoodstar Bruce Willis sowie der damals hochgehandelte Newcomer Brad Pitt dazu, doch wird ihr Sex-Appeal konsequent unterminiert, indem sie sabbernd, verwirrt bzw. schielend, brabbelnd und wild gestikulierend gegen den Strich besetzt und keine Heldenfiguren sind, sondern Opfer der unerbittlichen ablaufenden Zeit(schleife). Madeleine Stowe liefert indessen die beste Schauspielleistung ihrer Karriere ab und schafft es, das Klischee von der Psychiaterin, die sich in ihren Patienten verliebt, durch darstellerische Glaubwürdigkeit und Tiefe zu unterlaufen. Sie bildet den emotionalen Kern von „Twelve Monkeys“, der unter der hektischen Oberfläche eine melancholische Verhandlung von Freiheit und Schicksal ist und darüber, ob die Handlung von Einzelnen den Lauf der Geschichte ändern kann.
Willis’ Figur sagt in einer Szene gegen Ende, daß ein Film immer gleich bleibe, man ihn aber immer neu sehe, je nachdem wie alt man sei. Er bezieht sich damit auf Hitchcocks „Vertigo“, doch auch „12 Monkeys“ ist so facettenreich, daß er stets aktuell bleibt (vor allem natürlich durch die Pandemie, die das Geschehen sowohl im Film als auch derzeit in unserer Wirklichkeit bestimmt): interessieren den jüngeren Zuschauer eher die Aspekte der Zeitreise, wendet sich das erwachsene Publikum der wechselhaften und fragilen Beziehung des Hauptdarstellerpaares Willis und Stowe zu. Da Gilliams Zukunftsvision prä-digital ist (sowohl in der Ausstattung als auch in den Effekten), dürfte „12 Monkeys“ auch weiterhin gut altern. Für den Hausgebrauch ist der SciFi-Klassiker in jeder Form erhältlich, die fraglos beste Blu-ray-Ausgabe ist aber vor zwei Jahren beim britischen Label Arrow erschienen (Fassungseintrag von karussellbremser), die auf einer frischen 4K-Abstastung vom Kameranegativ beruht und reichlich Zusatzmaterial an Bord hat. Von den vielen lesenswerten OFDb-Reviews sei die ausführlichste und filmhistorisch orientierte Kritik von PierrotLeFou empfohlen.
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