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von PierrotLeFou

Vor 25 Jahren: Realismo mágico von Arau & Esquivel

Stichwörter: 1990er Arau Drama Esquivel Fantasy Jubiläum Klassiker Lateinamerika Liebesfilm Literaturverfilmung Lubezki Mexiko realismo-mágico Spielfilm Tragikomödie

Como agua para chocolate (1992)

Magischer Realismus ist ein Begriff aus der Kunstgeschichte, der Mitte der 20er Jahre von Franz Roh geprägt wird. Über Kritiker, Essayisten und Autoren wie Edmond Jaloux und Johan Daisne wird die Begrifflichkeit bald auch auf die Literatur übertragen. Autoren wie Bulgakow (in Russland), Schulz (in Polen), Eliade (in Rumänien), Grass (in Deutschland), Perutz (in Österreich), Calvino (in Italien), Lampo (in Belgien) und Saramago (in Portugal) sind prominente Beispiele, die oftmals unter diesem Terminus gefasst werden, der eine spezielle Stellung zwischen der Phantastik - in welcher das Nicht-Natürliche über einen Ebenenwechsel ins Natürliche einbricht oder in welcher (nach einer minimalistischeren Lesart) gar nicht zu klären ist, ob es einen solchen Einbruch gibt - und der Fantasy - in welcher das Nicht-Natürliche, Wunderbare dominiert - einnimmt, insofern in einer Wirklichkeit, die der Realität entsprechen könnte, nicht-natürliche Elemente eingebaut werden, welche aber so behandelt werden, als wären sie natürlicher Teil dieser Realität. Je nach Definition wird der Magische Realismus auch mit der Fantasy gleichgesetzt (welche ihrerseits bisweilen gar als Unterbegriff der Phantastik verstanden wird).
In Lateinamerika erlebte der Magische Realismus als realismo mágico eine besondere Blüte: Borges, Allende und Marquez dürften zweifelsohne die populärsten Vertreter Lateinamerikas sein. Auch Laura Esquivel fällt unter diesen Begriff: Die Autorin ist die Ehefrau Alfonso Araus, der ihren Roman "Como agua para chocolate" (1989) 1992 in einen gleichnamigen Film verwandelte. Arau, den man hierzulande bereits als Darsteller aus Filmen wie "The Wild Bunch" (1969) oder "El Topo" (1970) kannte, war hierzulande (trotz einer Regie-Karriere seit "Águila descalza" (1971)) nahezu unbekannt, ehe "Como agua para chocolate" auf die Leinwände kam. Der Film machte sowohl Arau, als auch das Buch Esquivels, die auch das Drehbuch schrieb, in Deutschland populär. Araus folgenden US-Produktionen ("Walk in the Clouds" (1995), "Picking Up the Pieces" (2000)) stießen dann auch auf größere Zuschauerzahlen - die Qualität der Filme konnte jedoch nicht an Araus großen Welterfolg anschließen, der weltweit diverse Nominierungen und Auszeichnungen einheimsen konnte.

Der am 16. April 1992 uraufgeführte Film schildert (wie das Buch) die L(i)ebensgeschichte der jungen Tita, der auf Wunsch der Mutter die Heirat ihres Geliebten untersagt ist, die aber als Köchin gewissermaßen ihre Gefühle in Mahlzeiten verwandelt. Ihr Leben und die Geschichte des Landes werden in fast zwei Stunden Laufzeit dargeboten, wobei Araus Inszenierung durch Kameramann Emmanuel Lubezki optimal unterstützt wird.
Schon die ungewöhnliche Geburtsszene zu Beginn weist den Film als einen Beitrag zum realismo mágico aus - und auch die Schlussszene wird diesen Eindruck nochmals unterstreichen. "Como agua para chocolate" gliedert sich dabei in eine Reihe anderer realismo mágico-Filme ein (z.B. Gavaldóns "Macario" (1960) & "El gallo de oro" (1964) oder Birrirs "Un señor muy viejo con unas alas enormes" (1988)), da dieser Terminus nach der Übertragung auf die Literatur auch auf den Film übertragen worden war.
Ascot Elite hat den Film hierzulande vor knapp drei Jahren wieder auf DVD und BluRay zugänglich gemacht. (Fassungseintrag von TRAXX)


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