Schindler's List (1993)
Schon mit seinen heute kaum noch vollständig zugänglichen Amateurfilmen hatte Steven Spielberg auf den spektakulären Genrefilm geschielt. Nach kleinen mal mehr ("Duel" (1971)), mal weniger ("Something Evil" (1972)) effektiven TV-Reißern prägte er mit "Jaws" (1974) und kurz darauf mit "Close Encounters of the Third Kind" (1977) schließlich das Blockbuster-Kino ganz erheblich. Es folgten unter anderem "Raiders of the Lost Ark" (1981) und "E.T.: The Extra-Terrestrial" (1982), ehe Spielberg mit "The Color Purple" (1985) und "Empire of the Sun" (1987) schließlich auch leisere, ernstere Töne anzuschlagen versuchte.
Als er sich schließlich – nach comichaften Nazis in "Indiana Jones and the Last Crusade" (1989) – dafür entschied, einen Film über Oskar Schindler und den Holocaust in Angriff zu nehmen, wurde diese Entscheidung nicht ohne Bedenken aufgenommen. Auch Spielberg selbst hatte – vor allem seit Erscheinen des Buches "Schindler’s Ark" (1982) von Thomas Keneally, das schließlich die Vorlage für den Film abgab – lange überlegt, ob er für einen solchen Stoff bereit sei und wollte ihn ursprünglich noch in die Hände von Kollegen geben. Roman Polanski war vorgesehen, lehnte aber ab, weil er sich für solch einen Film noch nicht reif genug fühlte: Erst mit "The Pianist" (2002) nahm er sich der Thematik an – wählte allerdings die Sicht eines Opfers, nicht die Sicht eines sich wandelnden Mittäters, die "Schindler's List" mitunter vorgeworfen werden sollte. Auch Scorsese war im Gespräch – und lehnte einigen Quellen zufolge ab, weil er den Film lieber in den Händen eines jüdischen Regisseurs sehen wollte, oder wurde anderen Quellen zufolge von Spielberg überzeugt, sich stattdessen um das "Cape Fear"-Remake (1991) zu kümmern, da Spielberg mittlerweile die Chance zur Aufarbeitung seiner Familiengeschichte sah, kamen doch etliche seiner Vorfahren während der Shoa ums Leben. In diesem Fall dürfte die Wahrheit irgendwo dazwischen liegen, zumindest landete das Projekt nach einer friedlichen Einigung letztlich in Spielbergs Händen.
Als der Film dann am 30. November 1993 erstmals aufgeführt worden war, konnte Spielberg weitestgehend zufrieden sein: Kommerziell wie künstlerisch erfolgreich, ebnete ihm das Werk den Weg für Filme wie "Amistad" (1997), "Saving Private Ryan" (1998), "Munich" (2005), "Lincoln" (2012), "Bridge of Spies" (2015) oder "The Post" (2017). Mit Ausnahme eines rot gefärbten Mantels in s/w gedreht und ohne die für Spielberg typischen bombastischen Trickeffekte gab sich "Schindler's List" zurückhaltend, seriös und ambitioniert. Noch dazu hochkarätig besetzt: neben Liam Neeson, Ben Kingsley und Ralph Fiennes spielen u. a. noch Friedrich von Thun, Elina Löwensohn und Erwin Leder in kleinen Rollen.
Der größte Teil der Einnahmen wurde im Folgejahr von Spielberg in die Shoah Foundation gesteckt – sicherlich einer der unstreitbaren Pluspunkte des Films.
Denn obgleich die positiven Stimmen in der Mehrzahl waren (und sind), gab es auch durchaus berechtigte Kritik: Kritisiert wurde schon beim Dreh das ursprüngliche Vorhaben, in Auschwitz zu drehen; nun kam die Kritik an der Spannungsdramaturgie hinzu, welche aus der ersten Duschung im KZ eine unangebrachte Suspense-Szene machte: Was mag aus den Duschköpfen strömen, Wasser oder Gas? Claude Lanzmann, Regisseur der bis heute maßgeblichen Doku "Shoa" (1985), sah in "Schindler's List" Hollywood-Kitsch, der auch noch die Perspektive eines Nicht-Opfers wählte und die Holocaust-Thematik in eine Happy-End-Logik überführte. Auch Godard, selbst seit Anfang der 70er Jahre immer wieder mit einem Antisemitismus-Vorwurf konfrontiert, attackierte die auf Unterhaltsamkeit ausgerichtete Unterhaltungsfilm-Form dieser Geschichtsverarbeitung polemisch in "Eloge d'amour" (2001). Auch eine eventuelle Häufung von stereotypen Figuren stand neben dramaturgischen Freiheiten immer wieder einmal zur Debatte. Insgesamt konzentrierten sich die kritischen Stimmen allerdings auf die Spannungsszenen und die – von rühriger John-Williams-Musik unterstützte – auf Gefälligkeit hinauslaufende Dramaturgie mit ihrem versöhnlichen, optimistischen Ende, wobei die Vorwürfe der Beschönigung auch von einigen KZ-Überlebenden kam.
Und tatsächlich ist "Schindler's List" ein handwerklich wie inszenatorisch recht perfekter Unterhaltungsfilm, dessen Gewinn in eine löbliche Sache gesteckt worden war und der die Thematik einem großen Publikum näherbrachte, der aber eben auch in vielerlei Hinsicht pietätlos anmuten kann. Dass sich einige TV-Sender werbewirksam entschlossen hatten, den Film aus Betroffenheit ohne Werbeblöcke zu zeigen, und dass sich Helmut Kohl wegen eines Desinteresses an diesem Film ein Desinteresse an der Thematik unterstellen lassen musste, gehört sicherlich zu den unschönen Seiten der unkritischen Zustimmung für Spielbergs vielfach ausgezeichnetes Drama.
Worum es geht, verrät die Inhaltsangabe von Shub. Günstig zu haben ist die Universal-BluRay, die jedoch über keinerlei Bonusmaterial verfügt: Fassungseintrag von Yackmouth
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