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von PierrotLeFou

Vor 50 Jahren: Internationaler Durchbruch für Dariush Mehrjui, Etablierung einer Neuen Welle im Iran

Stichwörter: 1960er Drama Iran Jubiläum Klassiker Literaturverfilmung Mehrjui Parabel Saedi Spielfilm Tragikomödie Zensur

Gaav (1969)

Sozial engagierte, anklagende Filme hatten es im Iran unter Mohammad Reza Pahlavi nicht leicht: Armutsschilderungen in engagierteren Spielfilmen wurden regelmäßig zensiert, die Negative bisweilen unrettbar verstümmelt. Dennoch setzte Ende der 60er Jahre ein Wandel ein und es entstanden vermehrt nicht ausschließlich kommerzielle Filme, die zudem nicht für den reinen Inlandsvertrieb gedacht waren – auch weil es galt, das Ansehen des Landes im Ausland über eine hochwertige und kritische Filmlandschaft zu polieren. (Ein beliebtes Verfahren, das in der Dekade schon das Franco-Spanien erprobt hatte.)
Zu den ersten großen Erfolgen dieses neuen iranischen Kinos, das zwischen Mitte der 70er Jahre und der Islamischen Revolution erst einmal wieder ein Ende nahm, zählte der 1969 fertiggestellte und 1971 auf europäischen und amerikanischen Festivals auch in den Westen exportierte "Gaav" von Dariush Mehrjui, der damit seine zweite Filmarbeit vorgelegt hatte. Wie viele folgende Produktionen der Neuen Welle des iranischen Films wurde auch "Gaav" staatlich gefördert, um anschließend recht bald im Inland zensiert zu werden: Die Tragikomödie eines Bauern, der als stolzer Besitzer der einzigen Kuh des Dorfes, nach dem Tod des Tieres zur Bekümmerung der Gemeinschaft den Verstand zu verlieren droht und selber immer mehr die Rolle der Kuh einnimmt, rückte zu sehr Armut und Elend ins Bild, als dass der Film akzeptabel für die Zensur hätte sein können. Der realistisch und zugleich parabelhafte Film geht auf eine eigene literarische Vorlage des Drehbuchautors Gholam-Hossein Saedi zurück. Mehrjui, der in den USA und u. a. unter Jean Renoir das Filmemachen erlernt hatte, war vor seiner Regiekarriere darum bemüht gewesen, die Literatur seiner Heimat ab 1964 über ein eigenes Magazin im Westen bekannter zu machen: Seinem Interesse an der Literatur blieb er mit "Gaav" und einigen weiteren Literaturverfilmungen treu. Heute zählt das Werk zu einem Klassiker und Markstein des iranischen Kinos und wird immer wieder zu den besten Produktionen des Landes gezählt.
Mehr verrät Ännchen von Tharau in seinem Review.


Kommentare und Diskussionen

  1. PierrotLeFou sagt:

    Schnell noch einen Bonustitel zum Feiertag aufgenommen, wenngleich kaum ein Film weniger zum Tag der Deutschen Einheit passen würde… Erholsamen Feiertag allen Usern!

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