Das Meisterspiel (1998)
Der österreichische Maler Arnulf Rainer wird im Dezember 94 Jahre alt. Zu seinem 90. Geburtstag hatte unerwartet Stellung bezogen zu einem alten Skandal: 25 Jahre zuvor hatten Unbekannte mehrere Bilder des als Übermaler bekannten Künstlers ihrerseits übermalt; eines davon mit dem abgewandelten Hitler-Zitat "Und da beschloss er Aktionist zu sein" ausgestattet. Ein Student habe hinter der Sache gesteckt, behauptete Rainer 2019, der selbst einige Zeit als Verantwortlicher hinter diesen Übermalungen seines Werkes verdächtigt wurde. Eine "Bajuwarische Befreiungsarmee" (BBA), hinter der wohl ein Einzeltäter, womöglich aber doch auch eine Gruppierung steckte, machte schon kurz zuvor mit Briefbombenattentaten von sich reden. In beiden Fällen gab es Bekennerschreiben, die sich ähnelten, in denen von Sorgen um die österreichischen Werte die Rede war: Rainer wurde im ersten Fall als Nutznießer des Nationalsozialismus begriffen, mit dem auch die wahre Kunst dahin sei. Das deckt sich teilweise mit Hans Jürgen Syberbergs so polemischer wie hochproblematischer Schrift "Vom Unglück und Glück der Kunst in Deutschland nach dem letzten Kriege" (1990), setzt aber Haltungen dieser antimodernen oder für eine konservative Moderne plädierenden Schrift in Handlungen um, die sich als Attentate gegen die moderne Kunst richten. Und die BBA warnte vor einer Bedrohung der österreichischen Kultur durch Fremdeinwanderung – mit Briefbombenattentaten, die ihrerseits teilweise als perfide Kunstwerke verstanden wurden. Dammbeck greift beides auf in seinem am 30. Oktober 1998 uraufgeführten "Meisterspiel", in dem er mit FPÖ-Mitgliedern wie mit Altlinken spricht und wie in der vorangegangenen Filmen über die Beziehungen von Kunst und Politik sowie über die beunruhigenden Schnittstellen und Treffpunkte zwischen linken und rechten Positionen sinniert. In der Edition "Kunst & Macht" von absolut Medien liegt der Film neben anderen Dokumentar- ud Essayfilmen Dammbecks vor.
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