Heaven Can Wait (1943)
Hier ist er wieder, der Lubitsch-Touch, der keine fünf Jahre später nach dem Tod des Regisseurs endgültig vergangen sein sollte bzw. nach und nach ganz zaghaft von einem Billy-Wilder-Touch abgelöst worden ist. Wilder verschlug es nicht bloß wie Lubitsch - wenngleich auf anderen Wegen und aus anderen Gründen - aus dem deutschen Filmgeschäft nach Hollywood, er lieferte ihm auch einige Drehbücher und hat eine der schönsten Erläuterungen des Lubitsch-Touches abgeliefert. Anhand einer Szene aus "The Merry Widow" (1934) schrieb er diesem eine gewisse Anzüglichkeit zu, ohne dass etwas Anzügliches zu sehen oder explizit verbalisiert werde. Das mag nicht für jeden Lubitsch gelten, aber das eigentliche Geschehen immer ein wenig unter der Oberfläche zu halten und Tabuisiertes auf etwas frivole Weise zu bagatellisieren, sind Eigenschaften, die man wieder und wieder bei Lubitsch finden wird. Das reizte schon früh - etwa bei "Als ich tot war" (1916) - die Zensoren und bis zuletzt stieß Lubitsch konservativeren Zuschauern ein wenig auf.
Im - am 5. August 1943 uraufgeführten - "Heaven Can Wait" lag es am Umstand, dass (nach einem Stück von Leslie Bush-Fekete) ein leichtfertiger Casanova, der nach seinem Ableben dem Teufel von seinem Lebenswandel berichtet, letztlich doch als sympathische Figure erscheint und einen Platz im Himmel erhalten darf. Angesiedelt zur Jahrhundertwende, zielt die eine oder andere Spitze gegen puritanische Strenge freilich auch auf die Gegenwart ab. Und ganz am Ende überdeckt - wie bei "The Merry Widow" - eine geschlossene Tür das eigentliche Geschehen: Keine Anzüglichkeit allerdings, sondern einen Todesfall, der nun hinter verschlossener Tür zu Walzer-Klängen stattfindet. Derart leicht werden hier nebenbei die großen Dinge verhandelt, während Alltäglichkeiten herangezogen werden, um eine simple Geschichte zu erzählen, die Nachsichtigkeit, Humor und Mitgefühl fordert & fördert. Wobei man nach nunmehr 75 Jahren auch einmal darauf hinweisen kann, dass es natürlich ein Film aus einem leicht chauvinistischen Blickwinkel ist: Dass der Ehemann durchaus Gefallen an anderen Frauen findet, erscheint als natürlich und verzeihlich; der Frau werden vergleichbare Freiheiten nicht zugestanden - ihre Rolle ist es vielmehr, zu verzeihen. Man müsste aber schon um einige inhaltliche wie formale Vorzüge hinwegsehen, um ernsthaft Anstoß an diesem Punkt zu nehmen. Denn der u. a. mit Gene Tierney, Don Ameche und Eugene Pallette besetzte und von Alfred Newman musikuntermalte "Heaven Can Wait" ist ein höchst unterhaltsamer, sympathischer Film des klassischen Hollywood-Kinos geworden, in dem Lubitsch erstmals Farbe zum Einsatz kommen lässt. Schon die satten Texttafeln sind bestechend schön geraten und der Film ist im Grunde ein ziemlicher Augenschmaus - wobei insbesondere eine Bühnenszene im letzten Viertel ausgesprochen lubitschesk aussieht.
Eine schöne DVD-Ausgabe liegt bei Criterion vor (und wird Ende August als BluRay neu aufgelegt werden): Fassungseintrag von ratz. Wer auf die deutsche Synchronisation Wert legt, muss zur inzwischen vergriffenen 20th Century Fox-DVD aus der Reihe Große Film-Klassiker greifen: Fassungseintrag von magdebürger. Und worum es im Film überhaupt geht, verrät dirkvader in seiner ausführlichen Inhaltsangabe.
Registrieren/Einloggen im User-Center