Skupljaci perja (1967)
Der jugoslawische Film erlebte (wie die Filmkulturen so vieler anderer Länder auch) in den 60er Jahren eine Blütezeit. Als den Beginn dieser Blütezeit sieht man gemeinhin die ersten Langspielfilme von Bostjan Hladnik ("Ples v dezju" (1961)) und Aleksandar Petrovic ("Dvoje" (1961)) im Jahr 1961 an. Das Ende dieser Blütezeit wird etwa zehn Jahre darauf besiegelt durch ein zunehmend weniger liberales Klima, welches sich beispielsweise im Zurückziehen von Petrovics "Il Maestro e Margherita" (1972) nach einigen Aufführungen oder in dem langjährigen Berufsverbot für Karpo A?imovi?-Godina (ab 1972) niederschlägt, und andere Regisseure wie Petrovic oder Dusan Makavejev in den frühen 70er Jahren ins Ausland treibt. Der Höhepunkt dieser - teilweise auf die Nouvelle Vague Bezug nehmenden - Phase, die zunächst als novi film bezeichnet worden (und in eine Slowenischen Schule, eine Belgrader Schule und eine Zagreber (Animationsfilm-)Schule differenziert worden) war, um ab 1969 von der Kommunistischen Partei als Crni talas, als Black Wave - so die im englischsprachigen Raum geläufige Bezeichnung! - diffamiert zu werden, war in den Jahren 1967/1968 erreicht. (Ausführlicher hatte Tito diese Phase in einem älteren Beitrag der Anniversary-Ecke beschrieben. Noch umfangreicher gehen ein Artikel der TAZ und besonders ein Artikel der Kulturation darauf ein.)
Petrovics am 27. März 1967 uraufgeführter "Skupljaci perja" ist einer jener Höhepunkte des novi film, der auch hierzulande auf großes Interesse stieß: Der hierzulande "Ich traf sogar glückliche Zigeuner" betitelte Film, dessen Originaltitel eher als "Die Federnsammler" übersetzt werden müsste, handelt vom Roma Bora, der sich mit Gänsefedern den Lebensunterhalt verdient, und trotz einer Beziehung an der jüngeren Tisa Gefallen findet, die widerum vom Stiefvater Mirta - einem Rivalen Boras im Gänsefedern-Geschäft - zur Eheschließung mit einem Jungen genötigt wird, da Mirta die begehrte Stieftochter auf diese Weise in seiner Nähe zu halten gedenkt. Die Rivalität der Männer nimmt zu - mit fatalen Folgen... Besetzt mit Bekim Fehmiu - dem zu diesem Zeitpunkt bereits preisgekrönten, jugoslawischen Belmondo-Lookalike (der sich 2010 das Leben nahm) - und Olivera Katarina - die damals unter dem Namen Olivera Vu?o bereits auch als Sängerin im In- & Ausland populär war - kann "Skupljaci perja" schon mit einer vielversprechenden Besetzung überzeugen, die auch auf eine Vielzahl von Laien zurückgreift; Katarina spielt in diesem Film auch eine Sängerin und gibt das Roma-Lied "Djelem, djelem" zum besten, welches Petrovic bereits in "Tri" (1965) verwendet hatte, das in Katarinas Darbietung jedoch internationale Bekanntheit erlangte. In dieser Nummer klingt bereits ein Hang zur Romantisierung von Folklore an, der auf der Handlungsebene auch eine krasse Zurschaustellung des Archaischen begleitet: Die etwas episodenhaft mäandernde Handlung, die weniger an einem Spannungsbogen, als vielmehr an einer Milieu-Schilderung interessiert ist, liefert immer wieder Balgereien & Kämpfe, Verkrüppelte, Misshandlungen & Vergewaltigungen, verleiht dem geschilderten Milieu zugleich aber einen rustikalen Charme, der über den Einsatz von Musik und in einigen poesievolleren Einstellungen recht verklärend anmutet, was dazu geführt hat, dass bis heute immer wieder die vorgebliche Authentizität des Films infrage gestellt wird. Davon unbeeinflusst besticht die kraftvolle Inszenierung auch heute noch; und 1967/1968 bescherte sie dem Film ein großes Ausmaß internationaler Aufmerksamkeit: wie schon "Tri" war auch dieser Petrovic für einen Oscar (für den besten ausländischen Film) nominiert worden, zudem für einen Golden Globe und in Cannes für die Palme d'Or; mit Rochas "Terra em Transe" (1967) teilte er sich in Cannes letztlich den FIPRESCI-Preis und erhielt zudem den Grand Prix der Jury. Hauptdarsteller Fehmiu wurde in seiner Heimat als bester Darsteller ausgezeichnet.
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