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von PierrotLeFou

Vor 50 Jahren: Pasolini beendet seine Trilogie des Lebens

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Il fiore delle mille e una notte (1974)

Nach dem "Decamerone" (~1350) und den "Canterbury Tales" (~1390) griff Pasolini auf die Märchen aus tausendundeiner Nacht zurück, um seine Trilogie des Lebens zu beenden, in der er der Sexualität noch ein subversives Potenzial attestierte. Von den insgesamt weniger überzeugenden Filmen dieser Trilogie ist der am 20. Mai 1974 uraufgeführte "Il fiore delle mille e una notte" wohl der schönste: Die rahmende Geschichte von Nur-ed-Din, der seiner geraubten Sklavin Zumurrud nachspürt, die er schließlich in männlicher Verkleidung als König wiedertreffen wird, vereint wie die verschachtelten Erzählungen innerhalb der Geschichte den Sex und die Erotik mit der innigen Liebe, Humor und einer humanistischen Haltung; Zumurruds Heiterkeit beim Wiedererkennen der Liebenden – von Ines Pellegrini zelebriert, die nach Franco Citti und Ninetto Davoli zu den namhafteren Darsteller(inne)n unter zahlreichen Lai(inn)en zählt – gehört zu den wärmsten, mitfühlendsten Szenen in Pasolinis Filmografie; und doch ist auch hier Platz für die Verfehlungen des Sexuatriebs, der dort zum Fallstrick wird, wo er selbstzweckhaft über die Gefühle hinwegsieht. Der trotz mancher Gewalttaten zärtliche Tonfall, die mit Leichtigkeit versponnene Struktur und die unterschiedlichen Drehorte und Kulissen in Nepal, Jemen, Iran, Äthiopien und Eritrea üben einen Reiz aus, der den vorangegangenen, vergleichsweise derberen Filmen der Trilogie noch abgegangen war. Und dennoch: Gerade nach diesem überzeugendsten Film einer Trilogie, die teils als Anbiederung an den kommerzialisierten Sexfilm betrachtet worden war, machte sich Pasolini daran, mit "Salò o le 120 giornate di Sodoma" (1975) einen gänzlich anders gearteten Film zu drehen, der auf der Basis von de Sade den Konsumismus von Körpern im Kapitalismus und im Faschismus als strenges Ritual von Vergewaltigung und Misshandlung inszenierte – und die Trilogie des Lebens Lügen zu strafen gedachte.
Seit 2019 liegt die Trilogie als Blu-ray-Edition des BFI vor: Fassungseintrag von Sir Francis


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