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von ratz

Vor 50 Jahren: Coming-of-Age aus dem Geiste des New Hollywood

Stichwörter: 1970er Bogdanovich Bottoms Bridges Drama Johnson Jubiläum Klassiker Leachman Literaturverfilmung McMurtry New-Hollywood Shepherd Spielfilm USA

The Last Picture Show (1971)

Heute sind Filme über die Probleme des Heranwachsens und der Adoleszenz von Jugendlichen ein beliebtes und fest etabliertes Subgenre, das vom ernsten Coming-of-Age-Drama bis zur Teeniekomödie reicht und sich längst nicht mehr nur auf Kinofilme beschränkt, sondern auch im Serienportfolio der Streaminganbieter für die Zielgruppe bereitsteht. Ein Meilenstein, wenn nicht gar Grundpfeiler dieser Gattung kam mit Peter Bogdanovichs „The Last Picture Show“ am 22. Oktober 1971 in die Kinos, gewann zwei Nebendarsteller-Oscars und beförderte die Karrieren des Regisseurs und der jungen Darsteller.

Bogdanovich, gerade 32 Jahre alt, hatte sich mit dem Thriller „Targets“ (1968, Anniversary-Text) seine ersten Sporen verdient. Für „The Last Picture Show“ erarbeitete er das Drehbuch zusammen mit Larry McMurtry, dem Autor der gleichnamigen Vorlage, die durch Deutlichkeit in sexuellen Details für Aufsehen gesorgt hatte. Die Finanzierung des Projektes kam vom unabhängigen Studio BBS, das seit dem Erfolg von „Easy Rider“ (1969) als Anlaufstelle für viele Regisseure des New Hollywood diente, um ihre unkonventionellen Filmideen umzusetzen. Unkonventionell war Bogdanovichs Idee auf jeden Fall: in Schwarzweiß – damals wie heute eine Art erhobener Zeigefinger eines Filmemachers – wird die Situation dreier Jugendlicher (Timothy Bottoms, Jeff Bridges, Cybill Shepherd) in einer öden, verlassenen Kleinstadt in Texas geschildert. Die Straßen sind staubig und trist, im Radio laufen melancholische Hank-Williams-Songs, und fast alle Protagonisten, auch die erwachsenen, sind mit ihrer Lebenssituation unglücklich und sehnen sich nach etwas, das sie nicht (mehr) haben. Die Perspektive der jungen Männer und ihre Suche nach dem ersten Sex wird dabei der von bereits verheirateten, desillusionierten Frauenfiguren gegenübergestellt, und eine einzige, für kurze Zeit glückliche Beziehung entsteht, als einer der Jungen eine Affäre mit einer älteren Hausfrau hat (Chloris Leachman, die im vergangenen Januar gestorben ist). Der Tod einer Vaterfigur, verkörpert vom Western-Urgestein Ben Johnson, und die Schließung des örtlichen Kinos besiegeln symbolisch das Ende der Jugend und gleichzeitig das des alten Hollywood, dem die Filmemacher des New Hollywood so viel verdanken: die letzte Vorstellung zeigt „Red River“ (1948) von Howard Hawks – ein kluger Meta-Moment der Gleichzeitigkeit von zwei grundverschiedenen und doch verwandten Filmen.

Da er später an seine Kinoerfolge aus den 1970ern nicht mehr anschließen konnte (auch „Texasville“, der überflüssige „Last Picture Show“-Nachklapp von 1990, ist in gnädige Vergessenheit geraten), betätigt sich Bogdanovich seitdem vorwiegend als Filmhistoriker und Orson-Welles-Fachmann. Für das reichhaltige Bonusmaterial der bei uns erhältlichen Blu-ray (Fassungseintrag) haben sich der Regisseur und weitere beteiligte Filmschaffende sehr auskunftsfreudig gezeigt. Die euphorische OFDb-Kritik von Bretzelburger vermittelt einen persönlichen Eindruck, wie stark „The Last Picture Show“ damals auf das Publikum gewirkt haben muß.


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