America (1924) & Isn't Life Wonderful (1924)
Mitte der 10er Jahre hatte David Wark Griffith mit den Film-Epen "The Birth of a Nation" (1915) und "Intolerance" (1916) seinen künstlerischen Zenit erreicht, wobei der erstgenannte Titel aufgrund der rassistischen Elemente – die dem zugrundeliegenden Bestseller "The Clansman" entstammen, gegen den Griffith' Entwurf gerade abgemildert erscheint – längst als inhaltlich hochgradig problematisches Werk betrachtet wird, das in der Darstellung des amerikanischen Bürgerkrieges stark für die Südstaaten Partei ergreift. In den Jahren 1919 bis 1921 konnte er zwar keine Arbeiten vorweisen, welche die Sprache des Spiel- und Langfilms nochmals ähnlich stark prägten, die aber zumindest nochmals die inszenatorischen Fähigkeiten Griffith' deutlich zutage treten ließen. Aber Anfang/Mitte der 20er Jahre zeigte sich deutlich, dass Griffith die immensen Erwartungen, die ihm teils entgegengebracht wurden, nicht mehr zur Gänze zu erfüllen verstand. Der am 21. Februar 1924 uraufgeführte "America" sollte das ändern: In 13 Monaten in sieben Staaten abgedreht, rankt sich der Mix aus Liebes-Melodram und Historienfilm – der auf einem Roman von Robert W. Chambers basiert, den ma eher für seine phantastischen Erzählungen kennt – um den amerikanischen Unabhängigkeitskrieg. Trotz schiefer Prämisse strebt Griffith eine genaue Rekonstruktion historischer Ereignisse und Gegebenheiten an, baut aber zugleich den Loyalisten Captain Walter Butler zur zentralen Schurkenfigur in dem Konflikt heraus, um derart parteiisch die britische Seite geradezu zu diffamieren. Entsprechend gekürzt kam der Film dann auch in Großbritannien heraus, wo man reichlich irritiert gewesen sein dürfte angesichts dieser Abbildung durch die späten Bündnispartner im Ersten Weltkrieg. Problematisch bleibt zudem die Zeichnung der native americans und das Übergehen der Schwarzen in diesem Film, der den erbittertsten Kritiker(inne)n an "The Birth of a Nation" nochmals neue Munition lieferte.
Um so überraschender erscheint es, dass Griffith am 23. November 1924 mit dem im Sommer abgedrehten "Isn't Life Wonderful" ein Drama folgen lässt, das in Berlin gedreht in Berlin spielt und die Situation der Nachkriegsgesellschaft auch vor dem Hintergrund der Inflationszeit in den Blick nimmt. Nach einer Erzählung von Geoffrey Moss rückt er die Misere einer polnischen Familie und der Gesellschaft insgesamt in der Mittelpunkt des Films, der nach dem Propaganda-Werk "Hearts of the World" (1918) der Versuch einer Wiedergutmachung zu sein scheint. Auch Berichte enger Mitarbeiter, die ein, zwei Jahre zuvor die Situation im Deutschen Reich beobachten konnten, dürften Griffith zu diesem Film getrieben haben, der noch einmal auf großer Weltgeschichte fußt, den privaten Schicksalen und Lebensläufen allerdings viel größeren Raum zubilligt. Schuldfragen werden in diesem Setting wesentlich differenzierter, mit einer Bereitschaft zur Ambivalenz, angerührt als man es von Griffith gewohnt ist; und auch das Frauenbild wirkt wesentlich moderner.
Letztlich stießen aber beide Filme nicht auf die große Resonanz; "Isn't Life Wonderful" sollte daher Griffith' Abkehr von United Artists markieren und eine Phase eher kleinerer Produktionen einleiten, in denen Griffith kaum noch versuchen sollte, große Ambitionen auf die Leinwand zu werfen.
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