Anders als die Andern (1919)
Richard Oswald ist dank "Hoffmanns Erzählungen" (1916), "Unheimliche Geschichten" (1919/1932) und weiteren Titeln einer der bekannten Vertreter des phantastischen deutschen Films. Gewichtiger war aber wohl sein Einsatz im Bereich des Aufklärungs- und Sittenfilms, der mal engagierter, mal exploitativer ausfiel. "Es werde Licht!" (1917-1918), "Das Tagebuch einer Verlorenen" (1918), "Dida Ibsens Geschichte" (1918), "Prostitution" (1919) und vor allem der am 28. Mai 1919 uraufgeführte "Anders als die Andern" wären hier zu nennen. Letzterer schrieb Filmgeschichte als erste filmische Auseinandersetzung mit der Diskriminierung Homosexueller und avancierte dementsprechend auch zu einem der politisch engagierten Klassiker der Filmgeschichte. Der einstige NS-Propagandafilmer Veit Harlan drehte in Anlehnung an diesen Film im Nachkriegsdeutschland "Anders als du und ich" (1956), dessen Verschiebung im Titel bereits bezeichnend ist – kurioserweise verschärfte gerade die FSK mit Blick auf das sittliche Empfinden den fragwürdigen Ansatz von Harlan, der immerhin versuchte, das Drehbuch von Felix Lützkendorf etwas ambivalenter anzulegen
Die geringere Akzeptanz der Schwulen (im Vergleich mit den Lesben, die aber vor allem später an einer vergleichsweise geringen Aufmerksamkeit litten, sobald es um die Anliegen der Homosexuellen ging) mag bei "Anders als die Andern" hineingespielt haben in die Entscheidung, die Homosexualität an zwei Männern zu verhandeln: Kein anderer als Conrad Veidt, der bald darauf als Cesare in Robert Wienes "Das Cabinet des Dr. Caligari" (1920) zum Weltstar avancierte, spielt hier die Hauptfigur Paul Körner; einen erfolgreichen Musiker, der bald wegen seiner Beziehung zu einem anderen Mann Opfer eines Erpressers wird – mit fatalen Folgen. Den Stoff realisierte Oswald in enger Zusammenarbeit mit Dr. Magnus Hirschfeld infolge der aufgehobenen Zensurbestimmungen – der Streifen geriet dann aber zum umstrittenen Skandalfilm und fiel 1920 nach einer erneuten Einführung von Zensurgesetzen ebendiesen zum Opfer. Heute liegt der Film nur in einer rekonstruierten, knapp 50minütigen Version vor, die nicht ganz der Originalversion entspricht. Dafür ist diese Version in guter Qualität und mit vielen Extras in der Edition Filmmuseum auf DVD zu erhalten: Fassungseintrag von Mirco
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