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von Stefan M

Vor 50 Jahren: Peter Bogdanovichs meisterhafte Verbeugung vor der Screwball-Komödie

Stichwörter: 1970er Bogdanovich Jubiläum Kahn Klassiker Komödie Mars O'Neal Screwball Spielfilm Streisand USA

What's Up, Doc? (1972)

Es war 34 Jahre her, als Susan Vance das langweilige Leben des Paläontologen Dr. David Huxley kräftig durcheinanderwirbelte und es am Ende mit ihrer Energie doch irgendwie schaffte, sein Herz zu erobern, da legte Peter Bogdanovich den Howard-Hawks-Klassiker "Leoparden küsst man nicht" noch einmal in variierter Form für die 70er-Jahre auf. Mit dem am 9. März 1972 uraufgeführten "Is' was, Doc?" ist ihm dabei eine gleichermaßen komische wie temporeiche Hommage an das Screwball-Comedy-Genre gelungen, das zum Zeitpunkt des Drehs gar nicht mehr existierte.

Mit Ryan O'Neal und Barbra Streisand hat Bogdanovich dabei die kongenialen Entsprechungen für Cary Grant und Katherine Hepburn gefunden: er der schusselige Musikwissenschaftler Dr. Howard Bannister, sie die hochintelligente, aber hoffnungslos chaotische Judy Maxwell, die sich in den Mann verguckt und wie eine Naturgewalt über ihn hereinbricht, um ihn seiner eigentlichen Verlobten, der nervtötenden Eunice Burns (Madeline Kahn), vor der Nase wegzuschnappen, koste es, was es wolle. Howard kommt gegen so viel Hartnäckigkeit einfach nicht an und sieht sich, lange Zeit, ohne es zu merken, zu allem Übel einem irrwitzigen Koffer-wechsle-dich-Spiel ausgesetzt: Vier Parteien, darunter auch er und Judy, sind zufällig im Besitz gleich aussehender Reisetaschen, doch während die Inhalte der Taschen des zweifelsohne zukünftigen Pärchens noch recht konventionell sind (Eruptivgestein und Kleidung), sind die anderen beiden Taschen zum einen mit Juwelen und zum anderen mit geheimen Regierungspapieren gefüllt. Dies weckt Begehrlichkeiten bei Dieben und Agenten, und so kommt es, dass die Taschen versehentlich hin und her vertauscht werden, bis schließlich keiner der Beteiligten mehr diejenige Tasche in den Händen hält, mit der er ins Hotel gekommen ist – womit der Weg bereitet ist für eine wilde Verfolgungsjagd kreuz und quer durch die Straßen San Franciscos.

"Is' was, Doc?" will nicht mehr als Unterhaltung sein – und der Film liefert sie anderthalb Stunden pur und unverfälscht. Hier bleibt kein Auge trocken. Slapstick ist Bogdanovichs bevorzugte Wahl, und dabei entstehen am laufenden Band Szenen, die man nicht mehr vergisst. Mehr noch – mitunter reichen schon Schlagworte, um sich die Szenen sofort wieder vors Auge zu rufen: Rolltreppe, Tischgespräch, Burnsy, Beinstellen, Badewanne, Fenstersims, Klavier, chinesischer Drache, Gerichtsverhandlung... Die Stärken liegen dabei sowohl im visuellen als auch im sprachlichen Bereich, denn die pointierten Dialoge sind stets auf Wortwitz aus und gewinnen ihren Reiz einmal mehr vor allem aus den Gegensätzen zwischen den beiden Hauptfiguren: er, der klassische zerstreute Professor, der für nichts außer seiner Arbeit Begeisterung aufbringen kann und eigentlich nur in Ruhe gelassen werden will, und sie, die sich mit einer Selbstverständlichkeit auf ihn einschießt und dabei ganz genau weiß, dass sie ihn noch rumkriegen wird.

Die Komödie rollt auf den Punkt genau nur so dahin, wirft hier ein Zitat ein und da ein Zitat ein und steckt obendrein auch fernab des umwerfenden ungleichen Duos O'Neal/Streisand voller skurriler Figuren. Madeline Kahn stürzt sich mit Verve in die Rolle der absolut unausstehlichen Schreckschraube, die am Ende trotzdem noch ihr persönliches Happy End erhält, Kenneth Mars spielt den schleimigen Arschkriecher Hugh Simon, der ständig arrogant seinen Kopf nach hinten wirft, und dann wäre da auch noch Liam Dunn als misanthropischer Richter Maxwell am Rande des Nervenzusammenbruchs – man müsste das gesamte Ensemble aufzählen, denn jeder Darsteller gibt seiner Rolle die nötige Würze, und sei sie noch so klein.

Ich glaube daher, es ist nicht übertrieben, wenn ich schreibe: "Is' was Doc?" ist eine respektvolle Würdigung längst vergangener Screwball-Tage, die das Kunststück fertigbringt, ihre Vorbilder womöglich sogar zu übertreffen.

Auf Blu-ray von Warner Bros. ist der Klassiker günstig zu bekommen: Fassungseintrag von Thor666...


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