Hôtel Monterey (1973)
1971 hatte Chantal Akerman mit Kurzfilmen ihre spannende Regiekarriere begonnen, die über avantgardistische Dokumentarfilme und minimalistische Spielfilmklassiker wie "Jeanne Dielman, 23 Quai du Commerce, 1080 Bruxelles" (1975) ebenso in eine massentaugliche RomCom wie "Un Divan à New York" (1996) wie auch in eine ambitionierte Weltliteratur-Verfilmung wie "La captive" (2000) mündete. "Hôtel Monterey" steht irgendwo zwischen dem Dokumentarfilm und dem Experimentalfilm, wobei das Sujet ausgerechnet ein im Spielfilm gerne verwendetes war und ist: Ein Hotel steht im Zentrum. Nicht im Zentrum einer Handlung oder auch bloß im Zentrum eines Geschehens (wie in Warhols "Chelsea Girls" (1966)); es steht eher ebenso im Zentrum wie das Zentrum in Michael Snows "La région centrale" (1971): Zumindest teilweise blickt die Kamera von Dächern oder aus Fenstern des kleinen Hotels Monterey in Manhattan, erkundet die Umgebung daneben, davor, dahinter, darüber... Fast eine Stunde lang verweilt der Kamerablick indes im Inneren des Hotels. Hier hat wenig mit dem Kommen und Gehen, dem Aufeinandertreffen und Kennenlernen aus den klassischen Hotelfilmen zu tun. Stattdessen bekommt man klaustrophobische Räume und Korridore geboten, streng gefilmt, nur spärlich von Personen bevölkert. Diese scheinen mal fragmentiert als Spiegelungen auf, mal werden sie durch offene Zimmertüren eingefangen. Gänzlich ohne Ton bleibt man außen vor, wenn sie reden; ihre Aktionen laufen zudem im Off weiter oder schlicht in nicht mehr dokumentierten Zeiträumen. Was sich hier vor allem präsentiert, ist der Hotelraum; fast ein unheimlicher Raum, wie in "The Shining". Ein Raum, der da war und da ist und da bleibt; unabhängig von den unterschiedlichen Gästen, die ihn durchstreifen. Zugleich wird ein gesellschaftliches Gefüge erfahrbar gemacht; in der Reduzierung lässt "Hôtel Monterey" Funktion, Abläufe und Ökonomie des Hotels seltsam spürbar werden... mehr, als es bei jedem Hotelaufenthalt selbst möglich wäre. Stilistisch ist der im September 1973 in Toulon uraufgeführte Film zudem eine Wucht: Empfangshalle, Fahrstühle, Korridore, Hotelzimmer, leere Gänge und Außenwelt strukturieren den Film, der sich sperrig gibt, aber doch stets im Fluss bleibt und eine eigentümliche Sogwirkung entfalten kann (sofern man denn auf Narrationen verzichten kann).
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