The Treasure of the Sierra Madre (1948) / Key Largo (1948)
Nachdem John Huston seine Regiekarriere mit dem Krimi “The Maltese Falcon” (1941) gleichsam mit einem Paukenschlag begonnen hatte, kehrte er Hollywood zunächst den Rücken, da er bis Kriegsende in der Army diente. Seine Rückkehr konnte er mit einem noch viel größeren Leinwanderfolg feiern: Am 14. Januar 1948 wurde der Abenteuerfilm “The Treasure of the Sierra Madre” uraufgeführt, der mit drei Oscars belohnt wurde, weltweit überaus erfolgreich lief und Hustons Ruf als Ausnahmeregisseur und -autor zementierte. Noch im selben Jahr bewies er seine Wandlungsfähigkeit und brachte am 16. Juli 1948 das Gangster-Kammerspiel “Key Largo” in die Kinos – in beiden Filmen spielt Humphrey Bogart die Hauptrolle, der schon “The Maltese Falcon” (Anniversary-Text) zum Erfolg geführt hatte (die Partnerschaft sollte noch einige Jahre bzw. Filme andauern).
Das Ansehen und der Einfluß von “The Treasure of the Sierra Madre” auf Generationen von Zuschauern und Filmemachern sowie auf die amerikanische Popkultur kann gar nicht überschätzt werden, denn die Geschichte von der Gier nach Gold und wie sie den menschlichen Charakter verändert, hatte die Romanvorlage von B. Traven bereits zeitlos und treffend geschildert. Huston besetzte seinen eigenen Vater Walter in der Rolle des alten, verschmitzten Glücksritters, der zwei in Mexiko gestrandeten Amerikanern (Bogart als wankelmütiger Unsympath und Tim Holt als gutmütiger Kumpan) trotz verschiedener Widrigkeiten zum Erfolg bei der Goldsuche verhilft, bevor sich das Blatt wendet. In einer perfekten Mischung aus schwitziger Exotik, Actionsequenzen, humoristischen Einschüben und moralischen Fragen entläßt „Sierra Madre“ den Zuschauer in bester Laune, obwohl für die handelnden Charaktere doch (fast) alles verloren ist. Um die abenteuerlichen Dreharbeiten, die – unüblich für jene Zeit – tatsächlich in Mexiko stattfanden, ranken sich viele amüsante Anekdoten, für die es sich lohnt, das überaus umfangreiche Bonusmaterial der Blu-ray (Fassungseintrag) durchzuarbeiten. Auch die ausführliche OFDb-Kritik von Vince sei hier wärmstens empfohlen.
So wie sich John Huston mit „Sierra Madre“ als Outdoor-Regisseur profilieren konnte, zeigte er in “Key Largo”, daß er auch einen reinen Studiofilm zu handhaben wußte, dem ein Bühnenstück zugrunde liegt und die damit einhergehende Begrenzung von Zeit, Raum und handelnden Personen. Der gleichnamige Broadwayerfolg aus der Feder von Maxwell Anderson schildert, wie ein desillusionierter Kriegsveteran (Bogart) in einem Hotel auf eine Situation ähnlich einer Geiselnahme trifft, denn ein des Landes verwiesener Gangsterboß (Edward G. Robinson) wartet hier auf seinen Kontakt, um in die Chicagoer Unterwelt zurückzukehren, und terrorisiert mit seinen Schlägern den Hotelbesitzer und seine Tochter (Bogarts Ehefrau Lauren Bacall). Huston versteht es meisterhaft, seinen teils minimalistisch, teils exaltiert agierenden Darstellern Raum zur Entfaltung ihrer Charaktere zu geben. In seinem vierten und letzten gemeinsamen Film überläßt das Glamour-Couple Bacall und Bogart die Bühne großzügig dem laut aufspielenden Veteranen Robinson sowie Claire Trevor, die für ihre bewegende Verkörperung einer alkoholsüchtigen Gangsterbraut (gleichsam ein femme-fatale-Zerrbild) mit einem Nebenrollen-Oscar belohnt wurde. Heute steht “Key Largo” etwas im Schatten der bekannteren Huston-Filme, ist jedoch ebenfalls als Blu-ray erhältlich (Fassungseintrag).
Die Warner-Studios waren in seit den 1930er Jahren bekannt dafür, sich eher den rauhen, wirklichkeitsnahen Stoffen zu widmen und die Leinwand mit Gangstern, Detektiven, Polizisten, aber auch den Geschichten der einfachen Leute zu füllen. Mit “The Treasure of the Sierra Madre” und “Key Largo” fügte John Huston diesem Portfolio zwei weitere Juwelen (bzw. Rohdiamanten) hinzu. Anschließend löste er sich von Warner und fuhr fort, bis in die 80er Jahre unermüdlich als Autor, Regisseur und Schauspieler schwierige und eigenwillige Projekte anzugehen und damit zu jenem beinahe mythischen Hollywood-Filmemacher zu werden, als der er heute oft und zu Recht gesehen wird.
Registrieren/Einloggen im User-Center