Suspicion (1941)
Der am 14. November 1941 uraufgeführte "Verdacht" bedeutete für Alfred Hitchcock nach dem kurzen Intermezzo im reinen Komödiengenre "Mr. und Mrs. Smith" die Rückkehr auf vertrautes Thriller-Terrain, wo er sich eh am besten aufgehoben fühlte. Dabei wählte er wie zuletzt in "Rebecca" die Frauenperspektive und zieht ein nicht unbeträchtliches Maß an Spannung aus der Frage, ob der notorisch klamme Johnny (Cary Grant in seinem ersten von insgesamt vier Hitchcock-Filmen) seine frisch angetraute Ehefrau Lina (Joan Fontaine in ihrer zweiten und letzten Hitchcock-Rolle, die mit einem Oscar belohnt wurde) um die Ecke bringen möchte oder nicht. Jedenfalls steigert sich Lina regelrecht in diesen Gedanken hinein, zumal Johnny es mit der Wahrheit nicht immer so genau nimmt.
Einen Wissensvorsprung gönnt der Master of Suspense seinem Publikum in diesem Fall nicht, sondern lässt die entscheidende Frage bis zur Schlussszene offen, drängt uns allein Linas Blickwinkel auf, der Dinge wahrnimmt, die schon fast zu viel der rätselhaften Vor- und merkwürdigen Zufälle sind, als dass es eine andere Erklärung geben kann als die, dass die junge Frau einen potentiellen Mörder geheiratet hat. Grant, der jüngst durch "Leoparden küsst man nicht" (1938) und "Die Nacht vor der Hochzeit" (1940) berühmt wurde und seitdem auf der Beliebtheitsskala in Hollywood ganz vorn mit dabei war, nimmt den Schwung aus seinen Screwball-Komödien mit und lässt dabei stets seinen Charme spielen, was es umso schwieriger macht, auch nur die Möglichkeit in Betracht zu ziehen, dass er ein Bösewicht sein könnte.
Doch nicht nur auf der Inhaltsebene spielt der Film geschickt mit Linas ungeheuerlichem Verdacht, sondern verstärkt ihn auch noch visuell, indem er eben noch heimelige Sets von jetzt auf gleich finster erscheinen lässt. Am berühmtesten dabei sicherlich das seltsam leuchtende Glas Milch, das Johnny seiner augenscheinlich kranken Frau ans Bett bringt, während er durch die abgedunkelte Halle des Hauses, die spinnennetzartige Schatten wirft, die Treppe hinauf bis zum Schlafzimmer geht, als wäre er eine Spinne, die sich erbarmungslos ihrem Opfer nähert. Die simple Erklärung für den Leuchteffekt: Hitchcock ließ im Glasinneren eine Glühbirne anbringen.
Was "Verdacht" im Vergleich zu den großen Werken des Regisseurs fehlt, ist eine befriedigende Auflösung, die sich auch beträchtlich von Anthony Berkeleys Romanvorlage "Before the Fact" unterscheidet. Hier wurde sowohl den vermuteten Wünschen der Zuschauer als auch den strikten Vorgaben des Hays-Codes Rechnung getragen und ein wundersam herbeigeführtes Happy End auf die Leinwand gezaubert, das dem Film einen hastigen und äußerst unrunden Abschluss verpasst. Dennoch zählt "Verdacht" unter Fans heute noch zu einem von Hitchcocks frühen Höhepunkten, der in der Zweitausendeins Edition preiswert zu haben ist: Fassungseintrag von TakaTukaLand
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