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von PierrotLeFou

Vor 75 Jahren: David O. Selznicks pathetischer Technicolor-Schmachtfetzen

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Duel in the Sun (1946)

David O. Selznick war der große Produzent im Classical Hollywood; vielfach war sein Name mit dem fertigen Film wesentlich mehr verbunden als derjenige der Regisseure – etwa bei seinem legendären Über-Klassiker "Gone with the Wind" (1939, Anniversary-Text), der in den letzten Jahren wegen seiner rassistischen Aspekte zurecht in Verruf gekommen ist. An diesen Erfolg wollte Selznick schon lange noch einmal anknüpfen: und so ist der am 29. Dezember 1946 herausgekommene "Duel in the Sun" ein Film der Superlative geworden... Große Gefühle und große Gefahren werden in diesem Western-Liesbesdrama mit viel Pathos vermengt: und abgearbeitert hat sich daran eine Überfülle von Stars, Regisseuren, Autoren und Kameramännern. Nach einer literarischen Vorlage von Niven Busch schrieb Selznick das Buch mit Oliver H. P. Garrett; unterstützt von keinem geringeren als Ben Hecht und (freilich) den obligatorischen script clerks. Den Stoff sollte dann vor allem King Vidor in Szene setzen; eine der großen Regielegenden des frühen Hollywood-Films, den Vidor zwischen 1913 und 1959 prägte (um noch bis 1980 Kurz-Dokus abzuliefern). Ihm zur Seite standen dabei die kaum weniger renommierten Regielegenden Josef von Sternberg und William Dieterle, sowie der noch heute als talentierter Routinier bekannte William Cameron Menzies und der "The Good Earth"-Regisseur Sidney Franklin... und auch noch Otto Brower sowie – natürlich – Selznick selbst. Mit Lee Garmes, Ray Rennahan und (vor allem) Harold Rosson waren zudem gleich drei renommierte Profis für die Kamera verantwortlich. Und der Cast liest sich erstklassig: Jennifer Jones, Joseph Cotten, Gregory Peck, Lionel Barrymore, Lillian Gish, Walter Huston und Herbert Marshall standen hier unter anderem vor der Kamera und bieten unter sengender Sonne in exzellenter Farbdramaturgie mit viel Emphase ein großes Drama dar, das teils die mythische Qualität großer Tragödien besitzt. Spätestens das berühmt-berüchtigte Finale, in dem sich die in Hassliebe einander Verfallenen, Gregory Peck und Jennifer Jones, gegenseitig über den Haufen schießen, um dann noch einmal zueinander zu robben und sich sterbend die Hände zu reichen, ist ganz großes Hollywood-Kino, das den Mut hat, vor Kitsch und Sentimentalität nicht zurückzuschrecken. Aber schon im Vorfeld geht "Duel in the Sun" in die Vollen, wenn die junge Pearl Chavez (Jennifer Jones) von einem Senator und seiner Gattin aufgenommen wird, als ihr Vater nach dem Mord an ihrer indianischen Mutter seiner Hinrichtung entgegensieht. Auf der Ranch steht sie dann zwischen den unterschiedlichen Söhnen Jesse und Lewton, die einmal mehr die mütterliche, einmal mehr die väterliche Linie weiterziehen und auch beruflich wie charakterlich gänzlich andere Richtungen eingeschlagen haben. Jesse, der Anwalt, liebt die Frau; sie gibt sich aber dem draufgängerischen Verführer Lewton hin, der später jedoch – ganz der Vater – nichts für ihre indianische Abstammung übrig hat, und ruiniert sich somit eine gemeinsame Zukunft mit Jesse. Ein Dritter macht sich nichts aus der Abstammung und der Affäre, würde Pearl auch heiraten – wird aber von einem in seinem Stolz gekränkten Lewton erschossen. Die Brüder, die schon im Vorfeld wegen eines die eigenen Familieninteressen berührenden Rechtsstreit unterschiedliche Positionen bezogen – woraufhin Jesse die Familie verlassen musste –, finden sich nun auf unterschiedlichen Seiten des Gesetzes wieder... Die Mutter wird den familiären Zwist nicht mehr vor ihrem Tod beheben können; der Vater wird erst zur Besinnung kommen, als ein Bruder den anderen – Kain-und-Abel-mäßig – beinahe tötet. Diesem Duell der Brüder folgt das Duell zwischen Pearl und Lewton: dies gesellschaftliche Außenseiterin und der Mann, der sich über das Gesetz hinwegsetzt, müsen sich gegenseitig ausradieren, sich hassend und sich begehrennd zugleich...
Diese Übergröße, das stargespickte Pathos in sattesten Technicolor-Farben... alles hat diesem Film auch den Ruf von camp und Kitsch, von Lächerlichkeit und unfreiwilliger Komik beschert; dennoch fand er auch seine Bewunderer, die in "Duel in the Sun" ein formal beachtliches, inhaltlich ins Mythische übersteigerte Melodram sahen, das zu den schönsten seiner Zeit gehört.
In der Reihe Western Legends von MGM liegt der Film in guter Qualität auf DVD vor: Fassungseintrag von Azriel


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