Mädchen Mädchen (1967)
"Erotik auf der Schulbank" (1968), "Jet Generation - Wie Mädchen heute Männer lieben" (1968), "Die nackte Bovary" (1969), "Mädchen mit Gewalt" (1970): Die Titel der Regiearbeiten & Produktionen von Roger Fritz haben - wie auch ihre Plakate - etwas Anzügliches an sich. Das war schon bei "Mädchen Mädchen" so, der am 5. Januar 1967 als Fritz' erster Langfilm in die hiesigen Kinos gelangte. Doch Fritz – eine der lange vergessenen Randerscheinungen des Neuen Deutschen Films – begibt sich inszenatorisch keinesfalls in spekulative Exploitation-Gefilde: Es bleibt bei einer etwas spekulativen Vermarktung, während die Filme selbst ambitioniert & seriös um die Liebe, die Erotik, die Sexualität und die Macht kreisen. In "Mädchen mit Gewalt" ist dann etwa nicht die unangenehme, aber nicht genüsslich ausgebreitete Vergewaltigung das verstörendste Moment des Films, sondern vielmehr die anschließenden Erläuterungen, was es für die junge Frau bedeuten würde, eine Anklage erfolgreich durchzuboxen. Und das Moment der Rache, dass der Film dann anzustreben scheint, wird letztlich doch noch ausgespart. Was für diesen lange Zeit letzten Kinofilm von Roger Fritz gilt – der erst 1981 nach vielen TV-Arbeiten noch seinen (nun wirklich) letzten Kinofilm "Frankfurt Kaiserstraße" (1981) inszenierte –, gilt schon für das Langfilmdebüt "Mädchen Mädchen", in welchem sich eine jüngere Frau nach ihrer Entlassung aus dem Erziehungsheim zwischen einem jüngeren Mann und dessen Vater wiederfindet, mit welchem sie schon früher eine Beziehung hatte, welche ihn ins Gefängnis gebracht hat. Ohne moralischen Zeigefinger, ohne Pathos entwickelt Fritz hier ein feines Drama, welches in Ansätzen Generationskonflikte, Geschlechterkonflikte, Zwänge und Freiheiten verhandelt, ohne dem Publikum eine klare Linie vorzugeben. Und auch hier bleiben Freizügigkeiten und dramatische Katastrophen aus... Fritz, der nach seinen Anfängen als Fotograf schnell zum Assistenten, Darsteller und Set-Fotografen für verschiedene Regisseure – darunter Rudolf Thome, Rainer Werner Fassbinder, Luchino Visconti, Sam Peckinpah – avancierte, ist trotz Titeln & Vermarktung seiner Filme beileibe kein Bahnhofskino-Filmer gewesen.
Subkultur hat ihn innerhalb ihrer Edition Deutsche Vita bereits im vorletzten Jahr aus der Versenkung geholt – und das 2016 mit einer ansprechenden Veröffentlichung von "Mädchen Mädchen" fortgesetzt: Fassungseintrag von ETE-89
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