Beitrag

von PierrotLeFou

Vor 50 Jahren: Satyajit Ray legt seinen wohl formvollendetsten Film vor

Stichwörter: 1960er Drama Indien Jubiläum Klassiker Mitra Ray Spielfilm

Charulata (1964)

Mit seiner Apu-Trilogie – 1955 mit "Pather Panchali" begonnen – machte Ray das indische Kino fernab von Bollywood international bekannt wie kein anderer Regisseur vor ihm. Mehboob Khan setzte diese Entwicklung mit seinem Oscar-nominierten "Bharat Mata" (1957) kurz darauf fort. Ray, Khan, Ritwik Ghatak und Mrinal Sen entwickelten sich in den 60er Jahren zu den bedeutendsten Vertretern des indischen Kinos, wenngleich Ghatak erst nach seinem Ableben breitere Aufmerksamkeit auf sich ziehen konnte; und als "Charulata" ein knappes Jahr nach seiner Uraufführung auf der Berlinale zu sehen war – wo Ray, der 1961 auch zur Berlinale-Jury zählte, zum zweiten Mal den Silbernen Bären erhielt –, war der indische Film (nicht nur) hierzulande unter den Cineasten außerordentlich populär.

"Charulata" ist aber nicht bloß ein Film, der von einem gewiss vorhandenen Boom profitierte, sondern ein ausgesprochen formvollendetes Werk: Ray sah in diesem Film einst seinen besten, Kameramann Subrata Mitra wurde für seine Arbeit gelobt wie kaum jemals zuvor oder danach. Inhaltlich und formal lebt der Film von seinen Andeutungen und von den Aussparungen dramatischer Krisen und spektakulärer Schauwerte: Die Geschichte einer jungen literaturbegeisterten Frau, deren Gatte zu wenig Zeit & Aufmerksamkeit für sie und ihre Vorlieben aufbringen kann, greift zwar noch auf einen verständnisvolleren und einfühlsamen jungen Mann zurück, beendet diese vermeintlich typische Dreiecksbeziehung allerdings, ehe sie überhaupt richtig begonnen hat: Zurückhaltung und Respekt, Einfühlungsvermögen und Vergebung, Zuneigung und Verständnis sind charakteristisch für "Charulata", dessen Kameraarbeit die feinen Nuancen, die entstehenden und abklingenden Bewegungen der Handlung ins Bild zu holen versteht: Vielzitiert und unvergesslich die mit Charulata auf einer Schaukel im Garten schaukelnde Kamera, die den Überschwang der Gefühle in wirkungsvolle Bilddynamik übersetzt und unter den schleichenden Erkundungen in den wenigen Innenräumen des Films besonders deutlich herausragt.
Erhältlich ist der Film, der in diesem Jahr vielerorts seine Wiederaufführung erleben durfte, in der Satyajit Ray Collection. Volume 1 von Artificial Eye: Fassungseintrag von pm.diebelshausen


Kommentare und Diskussionen

  1. Noch keine Kommentare vorhanden

Um Kommentare schreiben zu können, müssen Sie eingeloggt sein.

Registrieren/Einloggen im User-Center

Details
Ähnliche Filme