Irgendwann geht auch das gerade „heißeste“ Subgenre seinem kreativen Ende entgegen, egal wie beliebt die Mechanismen bei Filmfans auch noch sein mögen.
Nicht sonderlich schlecht, aber schlichtweg erzählerisch unbedeutend, markiert auch „Lucky Number Slevin“ so langsam einen Meilenstein am Ende der Strecke, die sich inzwischen dadurch auszeichnet, dass viele Filme schon gleich aus der Boxengasse, also auf DVD starten und gar nicht mehr an den (Kino-)Start gehen.
„Pulp Fiction“ trat 1994 ein neues Interesse am Crime-Kino los, seit 1998 und „Bube, Dame, König, Gras“ rollt die Welle der verwickelten und verwinkelten Stories rund um Gauner, Bosse, heiße Girls, nicht lineare Erzählstränge und überraschende Schlußwendungen unaufhörlich.
Auch „Lucky Number Slevin“ hat alles, was in so einen Film gehört, eine episodische Erzählstruktur, viele große Namen, gediegene Dialoge, etwas Ironie und eine bemühte Überraschung am Schluß. Begeistern konnte der Film aber weder in den US-Kinos, noch fand sich ein deutscher Verleiher, der das Wagnis eines Kinostarts eingehen wollte.
Dabei ist „LNS“ ganz solides und hervorragend dargestelltes Crime-Kino mit Pfiff und vielen bekannten Gesichtern. Josh Hartnett darf dabei endlich mal locker eine Rolle runterspielen; Bruce Willis ist einmal mehr das geheimnisvolle „Stone Face“ im Hintergrund; Ben Kingsley und Morgan Freeman sind die Bosse und Lucy Liu ist ein flottes Girlie. Alles schön soweit.
Hat man den Film hinter sich gebracht, ist man auch ganz zufrieden – aber genügt „ganz zufrieden“ heutzutage noch. Wieder einmal bekommt man eine Reihe von Szenen gleich zu Beginn präsentiert, die erst im Verlauf des Films eine Einordnung möglich machen. Eine Rückblende, drei Mordanschläge, das wirkt noch ganz frisch.
Doch der hundertminütige Film hat nicht genügend Tragkraft über die volle Distanz. Schon nach gut 60 Minuten geht der Farce die Luft aus, der Aufbau ist abgeschlossen (und amüsant) und von da an, dreht sich das Bild aus dem Stand. Plötzlich arbeiten zwei Personen zusammen und man ahnt, was da folgt, wenn man seine sieben Sinne nicht auf Durchzug gestellt hat: eine Rächerstory kombiniert mit ein paar Anleihen aus „Yojimbo“ bzw. „Für eine Handvoll Dollar“.
Hält man also einigermaßen wach alle Vorabinfos in der Hand, präsentiert Regisseur Paul McGuigan die volle letzte halbe Stunde eine gedehnte Aufklärung von Ereignissen, die man sich innerhalb von 5 Sekunden sowieso zusammengereimt hat. Möglicherweise sind da noch ein paar kleine Aha-Ereignisse bezüglich Randfiguren, aber letztendlich ist alles ab der Ein-Stunden-Marke vollkommen vorhersehbar.
Das ist schade, denn die schauspielerischen Leistungen sind adäquat und motiviert – aber wenn das Drehbuch nur mittelprächtig ist, bleibt es unklar, was diesen Film nun so wahnsinnig besonders gegenüber anderen Genrevertretern machen sollte.
Ergo ist der Film auf seinem Startmedium ganz gut aufgehoben, kann zur Pizza genossen werden und macht Laune – satt macht aber nur die Pizza und prickeln kann nur die Cola dazu. (6,5/10)