Aus Angst vor Unterwanderung des amerikanischen Vaterlandes durch Kommunisten wurden bekanntermaßen Ende der 1940er bis Mitte der 1950er Jahre in den USA in der nach dem besonders hetzenden Senator benannten McCarthy-Ära unter Vorwand des beginnenden kalten Krieges nicht nur bei Politikern genau hingeschaut und sogar Loyalitätstest durchgeführt. Auch in allen anderen Schichten wurden exzessiv Mitglieder und Symphatisanten der kommunistischen Partei verfolgt und unter Druck gesetzt. „Der Strohmann“ widmet sich der Verfolgung jener Personen im Kreis der Unterhaltungsbranche. So wurden gleichermaßen Drehbuchautoren, Schauspieler oder Dramaturgen beim geringsten Verdacht auf Nähe zur kommunistischen Partei auf die sogenannte schwarze Liste gesetzt und bekamen fortan keine Engagements mehr.
Und hier kommt der zwar liebenswerte, aber ständig blanke und relativ nichtsnutzige Howard Prince (Woody Allen) ins Spiel, denn sein Kumpel und Drehbuchautor Alfred Miller (Michael Murphy) findet für seine Werke aufgrund seiner politischen Einstellung keine Abnehmer mehr. Also soll Prince kurzerhand als Strohmann agieren und die Werke von Miller unter seinem Namen veröffentlichen und an den Mann bringen. Das klappt eine Weile auch ganz gut, Prince kassiert dafür Prozente und der überaus talentierte Miller kann wieder schreiben, doch natürlich treten bald erste Komplikationen auf. Nicht nur, dass die Koordination mit alsbald sogar drei Schreiberlingen zunehmend schwerer fällt, sondern Prince gewöhnt sich in seiner etwas anmaßenden Art nur allzu schnell an seinen neugewonnenen Beliebtheitsgrad und Lebensstil und gerät natürlich selbst allmählich ins Fadenkreuz der Geheimdienste…
Woody Allen meistert den Spagat zwischen seinem üblichen genial komischen chaotischen Stil und den ernsten Umständen mit der Leichtigkeit seiner naiven Filmfigur und unter seinem Spielwitz leidet die Ernsthaftigkeit des Sujets in keinster Weise. Des Weiteren unbedingt erwähnenswert ist die tragische Figur des Fernseh- und Bühnenstars Hecky Brown, welche durch Zero Mostel verkörpert wird. Er ist eines dieser typischen Opfer der vor nichts Halt machenden antikommunistischen Maschinerie jener Tage. Vom gefeierten Liebling des Publikums, der Abend für Abend seine Fans erfreut und gut und gerne bezahlt wird, beginnt sein Abstieg, als ihm vorgeworfen wird, vor einigen Jahren an einer Aktion der „Roten“ teilgenommen zu haben. Nicht nur, dass Hecky fortan wenn überhaupt dann nur mies bezahlt wird, er soll auch noch seinerseits seine Kollegen ausspionieren, um irgendwie aus der Sache herauszukommen und geht daran letztendlich menschlich zu Grunde.
Und die Macher von „The Front“ (Originaltitel) wussten ganz genau, wovon sie erzählten! Denn beispielsweise Regisseur Martin Ritt, Drehbuchautor Walter Bernstein und besagter, den Hecky und gewissermaßen auch sich selbst spielender, Darsteller Zero Mostel waren selbst Opfer der antikommunistischen Maßnahmen, die ein ganzes Land in Misstrauen und Panik stürzten.
Man sollte also nicht mit der Erwartungshaltung eines ganz und gar komödiantischen Woody Allen Films an „Der Strohmann“ gehen. Denn dieser Streifen zeigt ihn zwar auch in der gewohnten Hauptrolle des plappernden, den Frauen nachsteigenden schrägen Vogel, doch darüberhinaus verbindet er diese unnachahmliche Art Allens gekonnt mit dem ernsten Thema. Ständig wuselt er zwischen allem umher, doch auch wenn die Figur gewohnt komisch angelegt ist, durchschreitet sie einen Reifeprozess. Seine zu Anfangs recht egoistische und chaotische Figur Howard Prince zeigt gegen Ende gar ernsthafte und schier sprachlose Empörung über die Missstände und so zeigt der Film ein stückweit die abstrusen Methoden des FBI auf und spiegelt ganz gut Stimmung der verunsicherten Menschen damals wieder. (8/10)