Ich habe mich ja sowieso schon lange gewundert, wo er bleibt, der totalitäre "GTA: Vice City"-Klon im Gangstermovie-Genre. Hier ist er, pur und ohne Eis: Miami Beach-Feeling, ein wirklich fast identischer 80er-Soundtrack wie im Spiel, im Mittelpunkt ein Laufbursche, der sich langsam nach oben arbeitet.
Die Deutsche Post wird sich langsam mit vollem Ernst über Gratis-Werbung freuen dürfen: Wir haben also hier einen Post-Post-Post-Gangster-Film, der sich bei einem Computerspiel bedient, das seinerseits schon eine Hommage an einen Film war: Brian De Palmas "Scarface". Und der wiederum war ja schon ein Remake eines Good Ol’ Gangsterflicks aus den Dreißigern. Das sind so viele Ebenen und Entwicklungsstufen wie bei Darwins Evolutionstheorie, nur mit dem umgekehrten Resultat: Der Schwächste wird überleben. Beziehungsweise das, was die Natur zustande bringt, wird scheinbar in jedem Jahr gehaltloser. Zumindest seit der Entwicklungsstufe, auf der Tarantino die Postmoderne durch “Pulp Fiction” endgültig im Film verankert hat. Guy Ritchies Streifen waren danach saumäßig unterhaltsam; Paul McGuigan machte auch noch solide Ware; Nick Love (“The Football Factory”) gesellt sich jedoch schon zu den Null-Innovation-Plagiatspiraten. Tarantinoisten aller Länder, vereinigt euch und produziert Scheiße.
Von "Scarface" und dessen "From Rags to Riches and Back"-Dramaturgie will sich “The Business” trotz der peinlich offensichtlichen Parallelen aber merklich emanzipieren. So identisch vereinzelte Szenen sind, so sehr die Settings dem großen Original nacheifern, macht Hauptfigur Frankie (käseblass: Danny Dyer) keineswegs die bewusstseinsverändernde Entwicklung durch wie seine Gegenstücke Tony Montana (Scarface) bzw. Tommy Vercetti (GTA Vice City). Der junge Bursche nähert sich seinem Mentor (stereotyp: Tamer Hassan) zwar auf genau die gleiche Weise und eklige, hässliche Handlanger (dem großen Christopher Walken nacheifernd und damit noch am interessantesten von allen: Geoff Bell) werden in altbekannter Manier aus dem Weg geräumt, doch am Ende sind wir immer noch in fast der gleichen Situation wie zu Beginn. Die epische Bandbreite der Vorlage wird eingetauscht gegen die Eintagsfliegen-Philosophie von “Thursday” oder “U-Turn”.
Das läuft leider darauf hinaus, dass "The Business" über weite Strecken stagniert und sich nicht mehr weiterentwickelt. Bei der Geschichte eines Gangster-Youngsters, der im Geschäft langsam den Durchblick kriegt, ist das schon fatal. Der grüne Bursche wird nach dem Prinzip kaltes Wasser ins Haifischbecken Gangsterwelt geworfen, es gilt ein paar heikle Aufträge zu überstehen und währenddessen kaut der Off-Kommentator uns aus Sicht der Hauptfigur ein Ohr davon ab, wie wenig er den fiesen Sammy leiden kann, was für ein gefährliches Luder Carly, die Frau des Bosses ist und wie zwiegespalten er ist zwischen seiner Geilheit auf Carly, seiner Loyalität zum Boss, seinem Hass auf Sammy und seiner Gier nach Kohle, für die er sie alle miteinander verraten müsste. Der geübte Genrefreund kann solche Szenen im Schlaf mitreden und wenn ein Film nur aus ihnen besteht und sich am Ende mit einem kümmerlichen Twist zu retten versucht, spricht das nicht gerade für ihn.
Einen Unterhaltungswert kann man ihm teilweise zusprechen, auch aufgrund der typisch britischen Attitüde, ziemlich unsympathisch ist das Versatzstückflickwerk trotzdem. Da ist mit ebenso unoriginellen, aber immerhin grundehrlichen Schnellschüssen wie “Matando Cabos” oder “Nicotina” noch besser Kirschen essen. Ganz zu schweigen vom in Bezug auf das Setting ähnlichen, aber wesentlich originelleren “Sexy Beast”. Business as usual, letztendlich.