Die verschneiten, einsamen Strassen, die ständige Dunkelheit, die auch am Tag nicht über ein Dunkelgrau hinauskommt und der nasskalte Niederschlag, der sich nicht zwischen Schnee und Regen entscheiden kann - der isländische Regisseur Baltasar Kormákur hat seinem Film diese Charakteristik gegeben. Aber er hat ihn nicht in seiner Heimat ,sondern in den USA gedreht und erzeugt damit einen Film, der von der Vermischung zweier gegensätzlicher Sichtweisen lebt.
Die USA wirkt heruntergekommen - die Autos sind veraltet, die Kneipen und die Hotelzimmer wurden schon lange nicht mehr neu eingerichtet. Alles strahlt einen gewissen Niedergang aus, dem Regisseur Kormákur einen schweren, fast trägen Charme verleiht, den er noch durch eine melancholische, Country-Klänge berührende Musik unterstreicht. Trotz der überwiegend braun, grauen Farben erkennt man seinen liebevollen Blick auf dieses Leben, dem Luxus, Hektik des Alltags und der Drang zur ständigen Moderne, wie er in den Grossstädten an der Tagesordnung ist, abgeht - man spürt ein Stück Island.
Im Gegensatz dazu ist die Story geradlinig erzählt, abwechslungsreich und nicht ohne Humor. Abe Holt ist ein bei einer Versicherungsgesellschaft beschäftigter Ermittler, der die Ansprüche von Klienten prüft. Gemeinsam mit seinem Kollegen gelingt es ihm mühelos, übertriebene Vorstellungen im Keim zu ersticken, aber auch gerechtfertigte Ansprüche zu unterbinden. Forest Whitaker spielt hier einen Menschen, der sich sehr genau in die Psyche der Menschen hineindenken kann, gutmütig und vertrauenswürdig wirkt, aber gleichzeitig knallhart ist. Er lebt allein und hat keine Familie, was ihn für Fälle prädistiniert, die etwas ausserhalb der Zentren liegen. So macht er sich auf den Weg zu Isold (Julia Stiles), die für den Tod ihres Bruders eine Million Dollar erhalten soll.
Das es sich um einen fingierten Todesfall handelt, weiss der Zuschauer schon vor ihm, denn Regisseur Kormákur zeigt uns den brutalen Mord an einem fremden Autofahrer, der zufällig in der selben Kneipe wie Fred (Jeremy Renner) landet und von diesem als Versicherungsopfer benutzt wird. Die bis zur Unkenntlichkeit verbrannte Leiche wird von ihm so drappiert, dass sie von der Polizei als Kevin identifiziert wird, dem Bruder von Isold.
Nachdem Abe Holt den Unfallort besichtigt hatte, besucht er Isold, die zusammen mit ihrem Mann Fred und dem gemeinsamen Sohn Thor in einem heruntergekommenen Haus wohnt. Schnell bemerkt er, dass hier auch in der Familiensituation einiges nicht stimmt und beginnt seine Nachforschungen...
Was die Inszenierung des Films so interessant macht, ist, dass sie sich an keine Regeln hält und damit auch die verzweifelten Werbeversuche für den Film mit "Katz und Maus-Spiel" oder einer angeblichen Nähe zu Lynch als oberflächliche und für die Erwartungshaltung der Zuschauer schädliche Behauptung enttarnt. Regisseur Kormákur gelingen erstaunlich kurzfristige Wechsel zwischen Thriller, Drama und komödiantischen Elementen, ohne damit die Story zu verwirren. Beispielhaft dafür ist die Szene, in der Holt in völliger Dunkelheit ein verlassenes Haus besichtigt und sich dort in ein Bett legt. Als er aufwacht, sieht er Flammen und Rauch vor dem Fenster, aber diese stellen sich nur als Müllverbrennung einer freundlichen Nachbarin heraus, die ihm einige Informationen geben kann.
Jeremy Renner ist ähnlich wie in "Kaltes Land" wieder sehr gut als aggressiver, unberechenbarer Mann, dem man trotzdem seine verborgenen Emotionen anmerkt, genauso wie Julia Stiles gleichzeitig abgefuckt und wie eine liebevolle Mutter wirkt. Durch diese Dreier-Konstellation mit dem ruhigen, intelligenten Holt, entsteht eine dichte und überzeugende Atmosphäre, die den 80 minütigen Film in eine unvorhersehbare Entwicklung treibt. Es ist ein sehr europäischer Blick, den Kormákur hier in seinem Film auf Amerika wirft, aber er trifft nichtsdestotrotz genau seinen Charakter - auch ausgedrückt im Titel des Films, denn der Himmel ist hier eine Million Dollar wert.
Fazit : Kleiner, sehr dichter europäischer Film, der in den USA spielt und eine sehr amerikanische Geschichte von Befreiung und Neuanfang erzählt. Regisseur Kormákur erzählt seine Story logisch und gleichzeitig hintergründig und unberechenbar, bleibt dabei aber immer nachvollziehbar.
Geprägt wird "A little trip to heaven" von den drei sehr guten Hauptdarstellern, deren Charaktere mit wenigen Szenen genau ausgeleuchtet werden und aus deren Spiel sich die überraschenden Momente entwickeln. Ruhig, spannend und dezent berührend (7,5/10).