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„It's the stuff that dreams are made of. “ (Sam Spade)

Als John Huston 1941 Dashiell Hammetts Roman „Der Malteser Falke“ verfilmte, konnte er wahrscheinlich nicht ansatzweise erahnen, dass er mit der zwischenzeitlich dritten Adaption des Stoffes zum Mitbegründer einer eigenen Filmströmung- für manche sogar eines eigenen Genres- wurde. Diese Kategorisierung erfolgte 1946 rückwirkend durch den französischen Filmkritiker Nino Frank, welcher Werke, die zumeist eng mit der amerikanischen Kriminalliteratur verbunden waren, unter dem Terminus Film Noir zusammenfasste, eine Stilrichtung bzw. ein Genre- je nachdem welche Betrachtungsweise man bevorzugt-, welches sich als Frucht der unbeständigen Kriegs- und Nachkriegszeit besonders in den 40/50er Jahren in amerikanischen Kinos größter Beliebtheit erfreute.

Nachdem Miles Archer während einer Beschattung erschossen wird, übernimmt sein Partner Sam Spade die Aufklärung des Mordes. Über Miles’ zwielichtige Auftraggeberin Miss O’Shaughnessy gerät er an einen kriminellen Personenkreis, der nur ein Ziel verfolgt: Die Beschaffung einer wertvollen Falken-Statue, für welche die Beteiligten- der schwergewichtige Drahtzieher Kasper Gutman, der schleimige Joel Cairo und Miss O’Shaughnessy- selbst vor Mord nicht zurückschrecken.

John Hustons „Der Malteser Falke“ offenbart dem Zuschauer ein düsteres, radikal-pessimistisches Weltbild, welches zur Entstehungszeit sicherlich einmalig war und selbst heute in seiner Intensität kaum gebrochen ist. Huston greift Hammetts Vorlage, welcher neben Raymond Chandler sicherlich zu den bekanntesten Vertretern der amerikanischen hardboiled- Literatur zählt, auf und adaptiert sie bis auf marginale Änderungen- welche wahrscheinlich nur offensichtlich werden, wenn man kurz zuvor den Roman gelesen hat- 1:1. Herausgekommen ist ein Werk, das archetypische Elemente vieler weiterer Beiträge der Schwarzen Serie- vor allem im Subgenre des Detektivfilms ist seine Funktion gleich einer Blaupause- vorwegnimmt.

Die bedrückende Weltsicht des Films spiegelt sich nur allzu deutlich in seinen Figuren und ihren Beziehungen untereinander wieder. „Der Malteser Falke“ spinnt ein dichtes Geflecht aus Mord, Misstrauen, Verrat und Gier. Dem eigenen Vorteil wird von jedem Charakter stets die oberste Priorität eingeräumt. Dabei werden die wahren Absichten nur allzu gerne in einen dichten Schleier aus Lügen gehüllt, der sich wie Nebel durch nächtliche Großstadtgassen zieht. Alle Charaktere spielen mit mehr oder weniger verdeckten Karten, jeder hat auf die eine oder andere Art Schuld auf sein Haupt geladen. Seien es Kasper Gutman, welcher seinen Ziehsohn Wilmer Cook des wertvollen Vogels wegen verrät, der Antiheld Sam Spade, der seinen Detekteipartner Miles mit dessen Frau betrügt oder Brigid O’Shaughnessy, die die gesamte Männerwelt des Films mit ihrer Kaltschnäuzigkeit weit in den Schatten stellt und zur Entwicklung eines neuen Typus Frau beiträgt.

In „Der Malteser Falke“ erscheint das Böse nämlich in seiner denkbar harmlosesten Form- in Gestalt einer Hilfe suchenden Frau. Hiermit legt das Werk sicherlich den Grundstein zum Charakter der Femme fatale. Hinter dem harmlosen, schüchternen und um Hilfe flehenden Äußeren von Brigid O’Shaughnessy verbirgt sich ein durchtriebenes, Intrigen webendes Biest, das für die Erfüllung ihrer Wünsche auch vor eiskaltem Mord nicht zurückschreckt. Sie versucht Spade bis zuletzt für ihre Zwecke einzuspannen- ihn genauso wie ihren ehemaligen Komplizen Floyd Thursby und den Privatdetektiv Miles Archer ins Verderben zu stürzen- wird aber schlussendlich von dem Privatdetektiv durchschaut und zur Rechenschaft gezogen. Äußerst gelungen: die Einstellung, in welcher O’Shaughnessy von der Polizei im Fahrstuhl abgeführt wird und die vergitterten Türen des Aufzugs sich wie Schwedische Gardinen über ihr Gesicht legen.

In der Simplizität liegt oftmals die Kraft- so auch in „Der Malteser Falke“. Das Spannende ist darin begründet, dass sich die gesamte Gesichte um einen MacGuffin dreht- einen 1939 von Hitchcock definierten narrativen Trick, der- egal ob Person oder Objekt- einzig und allein die Geschichte voranbringen soll, ohne jedoch selbst von irgendeiner Bedeutung zu sein- in diesem Fall der Falke. Dies ist natürlich kein unmittelbarer Verdienst Hustons, sondern im Wesentlichen Hammetts Vorlage gedankt. Jedoch sollte man nicht außer Acht lassen, dass Huston sie meisterhaft auf Zelluloid zu bannen versteht. Ihm gelingt es, den prägenden Vorreiterstatus von der erzählerischen auf die visuelle Ebene auszuweiten. Prägnantes Stilmittel ist eine vorherrschende Low-Key-Beleuchtung, die den dunklen Grundtenor der Geschichte optisch unterstreicht und den Film in harte Kontraste einbettet.

Essentiell für John Hustons Film ist die Figur des Privatdetektivs Sam Spade, welcher kongenial von Hollywood Legende Humphrey Bogart Leben eingehaucht bekommt. Spades höchst interessanter, komplexer Charakter verleiht dem „Malteser Falken“ einen Großteil seiner Attraktivität. Er ist gerissen, impulsiv, respektlos und hat ein Mundwerk gleich einem Maschinengewehr. Ein archetypischer Antiheld, der sich nichtsdestotrotz von den kriminellen Elementen deutlich abhebt. In Relation setzt das Ganze ein Dialog zwischen Miss O’Shaughnessy und Spade, in dessen Verlauf er offenbart, dass sie sich nicht von seinem schlechten Ruf täuschen lassen solle. Dass eben dieser Ruf mehr seinem beruflichen Erfolg diene, als ein Spiegel seines Charakters zu sein.

John Hustons erste Regiearbeit besitzt seinen filmgeschichtlichen Status zweifelsohne zu Recht, wobei ich behaupten möchte, dass dies zu einem Löwenanteil auf Humphrey Bogarts Konto geht. Seine Darstellung des Sam Spade ist neben der hervorragenden visuellen Verarbeitung sicherlich ein unbestreitbares Highlight des Werks. Allen Anhängern der Schwarzen Serie sei diese Perle ohne „wenn“ und „aber“ wärmstens ans Herz gelegt.

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