Review

Mit „One missed Call“ präsentiert Regisseur Takashi Miike („Gozu“) eines seiner kommerziellsten und somit dem Mainstream offensten Werke. Bedient hat er sich dafür der inzwischen allseits bekannten und daher eigentlich ausgereizten „Ring“-Thematik, welcher auch er keine neuen Impulse verleihen kann – dazu zitiert (oder kopiert?) er einfach zu viele Motive (sowohl von der Story als auch der Inszenierung her) aus ähnlich gelagerten Genrebeiträgen. Wie schon im südkoreanischen Geheimtipp „Phone“ ist es auch hier das Mobiltelefon, das unheilschwangere Botschaften verkündet…

In letzter Zeit bekommen bestimmte Personen Anrufe ihres eigenen Handys (auch auf das jeweilige Gerät) in Abwesenheit, bei denen Sprachnachrichten mit ihrer eigenen Stimme hinterlassen werden. Datiert sind diese Botschaften mitsamt Uhrzeit irgendwann in den kommenden Tagen – und genau zu jenem Termin spricht der Betroffene dann (aus der Situation heraus) den aufgezeichneten Satz und verstirbt daraufhin unter grausamen Umständen. Gleich nach seinem Tod wird dann eine Nummer aus dem Telefonbuch-Speicher des Opfers ausgewählt, worauf der morbide Zyklus erneut beginnt…
Nachforschungen ergeben, dass alle Getöteten mit einer „Jawbreaker“-Süßigkeit im Mund aufgefunden werden, sowie dass sie zum Zeitpunkt ihres Todes noch eine identische Nummer gewählt haben – die eines Krankenhauses. Diese Spur stellt sich als sehr verheißungsvoll heraus und führt schließlich zu einer Familie, die jene Institution öfters aufgesucht hat, bei der die Ärzte jedoch mit der Zeit vom „Münchhausen Stellvertreter Syndrom“ seitens der Mutter ausgegangen waren…

Mehr sollte nicht über die Handlung verraten werden, um wenigstens eine gewisse Spannung zu bewahren, denn Regisseur Miike folgt konsequent (= überraschungsarm) das bekannte „Ring“-Schema: Mysteriöse Todesfälle … Hauptcharakter droht selbiges Schicksal … Nachforschungen decken ein Familiengeheimnis auf … ein Wettlauf gegen die Zeit beginnt … Showdown … der „Fluch“ scheint gebannt … Wendung/Twist … Cliffhanger … nicht eindeutig abgeschlossenes Ende.
Die Liste der (zuvor erschienen) Filme, mit denen Ähnlichkeiten geteilt werden (wie etwa alle asiatischen „Ring“-Filme sowie dem Hollywood-Remake, “Fear dot com“, “Phone“, “Pulse/Kairo“ etc), ist ziemlich lang – umso tragischer, dass ein Großteil jener Werke zudem noch besser als „One missed Call“ daherkommt…
Jip, wir haben es zudem mal wieder mit einer blassen Frau mit langen schwarzen Haaren in heller Kleidung zutun, und dass der (zwar lange, spannende und überzeugende) Showdown in einem geschlossenen und verlassenen Krankenhaus spielt, ist nun wirklich weit entfernt von „originell“…

Dass trotz des schematischen Aufbaus nach der zudem noch drögen ersten Filmhälfte (mitsamt der ersten zwei recht unspektakulär in Szene gesetzten Todesfälle) überhaupt noch Spannung aufkommt, ist der Tatsache zu verdanken, dass Miike wenigstens in der Krankenhaussequenz des letzten Drittels alle initiatorischen Register (Atmosphäre, Schockeffekte, Spannung erzeugende Einstellungen) zieht und anschließend die Szenen bis zum Schluss kurz, bündig und präzise hält. Dieses Finale erzeugt endlich die Art von „Gänsehaut“-Gefühl, dass man in der gesamten Zeit davor sträflich vermisst hat. Viele bemängeln das in ihren Augen etwas unlogische oder unschlüssige Ende – ich für meinen Teil fand die Auflösung eigentlich recht nachvollziehbar, nur gab sie vor, cleverer zu sein als sie in Wirklichkeit ist…

Es gibt eine Szene im Film, da wollte man wohl Medien- und Gesellschaftskritik üben, doch dieses Vorhaben scheitert gnadenlos an der extrem plumpen Herangehensweise und Einbindung in den Gesamtkontext: Als die Sensationspresse Wind von den Vorfällen bekommt, wird ein zukünftiges Opfer in eine live ausgestrahlte Fernsehsendung mitsamt Experten für übernatürliche Phänomene gezerrt, bei der die junge Frau schließlich trotzdem zum angekündigten Zeitpunkt grotesk getötet wird… Meine Frage ist nun: Wenn ein Geist im TV-Studio sichtbar wird, Experten durch die Luft fliegen lässt, die Kulissen verwüstet und einem Menschen grausam das Leben nimmt, während die Sendung draußen von einem Millionenpublikum verfolgt wird (auch wenn man die Übertragung abbricht) – warum ist am nächsten Tag quasi alles „zurück zum Alltag“?! Kein Wort mehr im restlichen Film über die Sendung, keine Reaktion der Bevölkerung – nichts!?!

Egal wie man es dreht und wendet: Die Story vom angekündigten Tod ist schamlos (nicht nur) bei „Ringu“ abgekupfert und hinkt somit dem Trend um einige Jahre hinterher. Vielleicht brauchte Takashi Miike (“Audition“/“Visitor Q“) mit diesem Eingeständnis an den Mainstream einfach nur Geld für andere Projekte – er wird von vielen ohnehin hoffnungslos überschätzt, denn nicht jeder exzentrische Filmemacher ist gleich ein Virtuose. Außerdem bietet Miike ohnehin mehr „Masse“ als „Klasse“ – wer pro Jahr im Schnitt rund fünf Filme abliefert, von denen bestenfalls einer gut ist, kann wohl kaum als „Meisterregisseur“ gelten!

Vielleicht kann dieser Film jene Zuschauer überzeugen oder in seinen Bann ziehen, die sich erst neuerdings mit asiatischen Genrebeiträgen beschäftigen (weil diese ja gerade so angesagt sind), doch eingefleischten Fans kann „One missed Call“ wohl kaum wirklich begeistern – dafür ist die Story und Inszenierung (vor allem anfangs) zu unoriginell geraten.

Fazit: „One missed Call“ ist nicht mehr als eine Auftragsarbeit des Herrn Miike, die das „Ring“-Thema etwas variiert – glatt, uninspiriert, dem Trend hinterher, aber mit starkem Finale … 5 von 10.

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