Review

Van SPOILER!

Man ist ja einiges an Mist gewöhnt. Vieles erwischt einen kalt, weil man mit völlig falschen Erwartungen an den Stoff heranging, anderes wiederum schaut man sich aus purer Neugier an, obwohl man aus diversen Quellen vorgewarnt wurde. Man denkt sich halt, ach, mir wird er schon gefallen.

Tja, VAN HELSING ist eine Mischung aus beidem. Vorgewarnt, wie ich war, hat er mich dennoch völlig fassungslos zurückgelassen. Wie konnte so etwas nur passieren? Die Voraussetzungen waren doch ideal:

- Stephen Sommers hat mit DEEP RISING bewiesen, dass er auch aus niedrigen Budgets amtliche Popcorn-Action zaubern kann, und hier hatte er 160 (!) Mio. Dollar zur Verfügung.

- Seine Mumie-Filme (zumindest der erste Teil) zeigten, dass er der Richtige war, Universals "Gebt-unseren-legendären-Monstern-einen-zeitgemäßen-Anstrich" Kampagne umzusetzen.

- Mit Hugh Jackman hatte er einen der heißesten Newcomer Hollywoods an der Hand, der durch seine Rolle als Wolverine in X-MEN schon mal einen Coolnessbonus mit einbrachte.

- Und, auch nicht ganz unwichtig: Dracula! Frankenstein samt Monster! Der Werwolf! Dr. Jekyll! Alle in einem Film!

Dass die Charakterzeichnung vielleicht nicht das ausgeprägteste Element dieses Films werden würde (denn wie will man jede dieser schillernden Figuren der Weltliteratur/Filmgeschichte in zwei Stunden Blockbusteraction stopfen), damit habe ich gerechnet. Dass mir die Wandlung Van Helsings in einen Indiana-Eastwood-Ghostbuster befremdlich vorkommen würde, auch damit habe ich gerechnet. Und dass die Atmosphäre zugunsten eines Effekt-Overkills Federn lassen würde, selbst damit habe ich seit THE MUMMY RETURNS gerechnet. Wahrlich nicht zu viel verlangt. Und doch hatte ich Lust auf diesen Film. Denn er würde laut und lustig werden, praktisch keinen Leerlauf haben und obendrein richtig schöne Effekte bieten (160Mio!).

Puh. Ja, das war wohl nichts. Wo fängt man da an? Bei den blassen Charakteren? Ach was, nicht blass, durchsichtig! Bei den wirklich strunzdummen Dialogen? Bei brütenden Vampiren, deren Schloss aussieht wie ein Borg-Schiff? Bei einem Helden, der ca. 4 Millionen Pfeile verschießt, bevor er mal trifft? Bei dem dämlichsten Dracula aller Zeiten? Bei seiner Ostereier-Brut, die mit Frankenstein-Energie(?) ausgebrütet wird? Bei der Tatsache, dass Prinzessin Anna noch nie am Meer war? Bei einer Seilkanone, die locker einen Kilometer weit schießt? Bei Vampirfrauen, die minutenlang zubeißen wollen, wohl in der heimlichen Hoffnung, dass der Held endlich hereinplatzt, um das Beißen zu verhindern? Bei der Kamera, die wunderschöne Flugbahnen beschreibt, aber selten das Geschehen im Blick hat? Bei dem völlig unvorhersehbaren Geheimnis um Van Helsings Vergangenheit? Bei... ach, es hat ja keinen Zweck.

Diese Aufzählung könnte den Eindruck erwecken, VAN HELSING wäre genau das Richtige für einen gepflegten Trashabend, aber dem ist nicht so. Diese Anhäufung an Unlogik ist selbst für ein Eventmovie zuviel. Es macht einfach keinen Spaß, zuzuschauen, wie sich der wackere Held in eine CGI-Prügelei nach der anderen stürzt, weil einem das konfuse Geschehen so egal ist. Humor ist völlig abwesend, den der Film wirklich nötig hätte, Van Helsings Charakter wird nicht einmal ansatzweise ausgeleuchtet, die Erlösung von Annas Familie ist ein ziemlich mäßiger Aufhänger, Dracula ist von Beginn an eine Witzfigur, kein Gegner, Frankensteins Monster quengelt den ganzen Film lang nur herum (das soll wohl die tragische Komponente sein), und der Werwolf darf sich auch freuen, nur in wirr geschnittenen und lahm getricksten Kämpfen zu sehen zu sein.

Apropos lahm getrickst: Wann immer Regisseure auf das Budget ihrer Filme zu sprechen kommen, fällt ein Satz, den ich schon auswendig mitbeten kann: "Natürlich hätten wir das bauen, bzw. on location drehen können, aber man muss ja an die Kosten denken, deswegen haben wir das lieber im Computer gemacht". Wenn Computertricks so viel günstiger sind, warum kostet dann ein Film, in dem so vieles aus dem Rechner kommt, dass er im Prinzip schon von Pixar hätte gemacht werden können, 160 Millionen Dollar? Das sieht alles nun wirklich nicht spektakulär aus, halt Effektedurchschnitt anno 2004. Un das von ILM! Oder vielleicht liegt es daran, dass die Effekte auch nicht richtig zur Geltung kommen, weil die Kamera nicht still hält?

Zu den Schauspielern lässt sich dementsprechend wenig bis gar nichts sagen, da sie in den wenigen blitz-, bumm- und prügelfreien Szenen einfach keine Dialoge in den Mund gelegt bekommen, die sie zu mehr als sprechenden Pappkameraden machen. Hugh Jackman ist vermutlich okay für diese Rolle. Kate Beckinsale kann vermutlich eine Kämpferprinzessin verkörpern. David Wenham ist vermutlich ein lustiger Sidekick. Und Stephen Sommers sollte sich vermutlich nie wieder an einem Drehbuch versuchen. Irgendein Autor hätte doch mit einem Bruchteil des Budgets bezahlt werden können, oder?

Irgendetwas Positives? Das schwarz/weisse Intro. Der halbfertige Eiffelturm. Das Make-up des Frankenstein-Monsters. Und die Tatsache, dass die Grundidee einen netten Film hergibt. Nur VAN HELSING ist es nicht.

Wie gesagt, man ist ja viel Mist gewöhnt. Nur wird der einem nicht als 160-Mio-Dollar-Event verkauft.

Ach ja: Sein Hut war auch viel zu groß.

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