Review

Eigentlich könnte man fast behaupten, dass mit der „Pate“-Trilogie alles zum Mafiafilm gesagt und gezeigt, ausgewälzt und durchexerziert worden ist. Oder dass spätestens nach „GoodFellas“, der zwar unbestritten ein guter Film ist, aber trotzdem schon nicht mehr unglaublich viel neues bot, das Thema abgehandelt war. Doch der Stoff ist einfach zu sehr prädestiniert für immer neue Versuche und Anläufe, ist einfach wie geschaffen für Kinotrips in die Schattenwelt des organisierten Verbrechens der ehrenwerten Gesellschaft. Ein solcher Stoff stirbt wohl nie und wird immer neue Herausforderer finden.

Und hin und wieder kommt sogar wieder etwas relevantes dabei heraus, etwas, dass ein stückweit über die gängigen Muster hinausgeht. Abel Ferrara gelang ein eben solcher Beitrag. „The Funeral“ ist im Gegensatz zu den eingangs erwähnten Werken nicht als ausschweifendes Epos angelegt, sondern zur Zeit der großen Depression in den USA spielendes recht spartanisches Darstellerkino, dass sich auf viel engerem Raum und sehr konzentriert mit den Eigenheiten einer „familia“ rund um den herben Verlust des jüngsten Bruders des Oberhauptes beschäftigt.

Johnny (Vincent Gallo) wurde ermordet und liegt aufgebahrt im Haus des großen Bruders Ray (Christopher Walken). Am Rande des Jammerns und Wimmerns der Frauen scheinen sich bereits die gängigen Mechanismen zu vollziehen und alsbald wohl wird sich, so kann schon jetzt vermutet werden, ein Rachetrupp formieren. Schließlich wurde der Clan in seinem innersten angegriffen, die Ehre beschmutzt und das kann man nicht auf sich beruhen lassen.

Der Film betreibt jedoch keine schwarz-weiß Malerei und die Figuren stehen in ständigem Konflikt mit sich selbst. Ray hat die Bürde der Tradition zu tragen. Vor ihm stand sein Vater an der Spitze der Organisation und es ist fraglich ob er des Frieden willen und zum Wohl seiner Familie die Waffen schweigen lassen kann, denn die Indoktrination von Respekt- und Ehrbegriffen, von Zusammenhalt und Vertrauen, aber auch und gerade von gnadenloser Härte gegenüber Feinden begann bei ihm schon im Kindesalter und sitzt tief. Die Frauen, die einst junge aufstrebende Männer heirateten, geblendet von deren Charme und ausschweifenden Lebenswandel, versuchen vergebens zu retten was noch zu retten ist. Sie stecken in einer Sackgasse, sie können weder Einfluss nehmen, noch dem Bann des Clans entfliehen. Zur Ohnmacht verurteilt stellen Annabella Sciorra und Isabella Rossellini die Frauen der Rädelsführer innerlich zerrissen dar, zwischen Kapitulation und Angst vor dem neuerlichen Unglück, welches die Reaktion auf den Mord unweigerlich hervorrufen wird. Und dann ist da noch Chez (Chris Penn), der mittlere Brude des Tempio-Clans. Bald ungezügelter Lebemann, bald skurril gefühlsduselig, aber immer ein absolut unkontrollierter Choleriker vor dem Herrn. Kombiniert mit Wut und Trauer, sowie den persönlichen spleens und nicht zuletzt der politischen Komponente, denn Johnny war Kommunist, ein alles in allem hochexplosives Gemisch was sich da bei allen Beteiligten zusammenbraut. Mit einem melancholischen Soundtrack unterlegt erzählt der Film in einigen Rückblenden, aber meist doch recht nah dran am Geschehen, in einer grandios düsteren Atmosphäre vom Leben und Leiden des Tempio-Clans.

Fazit: „The Funeral“ ist eine packende fatalistische Milieustudie und Drama um die scheinbar ausweglosen Zwänge einer derart ideologisch verqueren Rache- und Treuelogik, die sich zwangsläufig in einer Spirale der Gewalt immer wieder gegen die eigenen Reihen wenden wird. Und manchmal wesentlich unvermittelter als gedacht. (8/10)

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