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Dieser Spaghettiwestern aus dem Jahre 1964 dürfte als einer der wichtigsten Filme dieses Subgenres in die Filmgeschichte eingehen, da er stilistisch einiges vorwegnahm, das dieses Genre später prägen sollte. Doch noch viel wichtiger: „Für eine Handvoll Dollar“ bedeutete den Beginn einiger sagenhafter Karrieren, die zusammen für einige der bemerkenswertesten Werke in der Filmgeschichte sorgen sollten. Der italienische Regisseur Sergio Leone, der vor „Für eine Handvoll Dollar“ vor allem durch einige Monumentalfilme (z.B. „Der Koloß von Rhodos“) aufgefallen war, verfilmte den japanischen Samurai-Film „Yojimbo“ von Akira Kurosawa neu und verpflanzte die Handlung in den Wilden Westen, der allerdings in Spanien auf Zelluloid gebannt wurde. Seine Lieblingsdarsteller für den namenlosen Fremden, der zwei befeindete Clans einer kleinen Stadt gegeneinander ausspielt, waren James Coburn oder Charles Bronson, die aber nicht bereit waren, auf ein so unsicheres Pferd, wie „Für eine Handvoll Dollar“ zu setzen. Daher machte der beinahe gänzlich unbekannte Clint Eastwood das Rennen. Dies Entscheidung veränderte so ziemlich alles. Eastwood, der vorher als Sunnyboy in einer Westernserie zu sehen war, erschuf sich selbst ein Image, das er über Jahre pflegte und das ihn auch zweifelsohne verfolgte: Das des wortkargen und ultracoolen Helden, der, anders als die Filmhelden zur damaligen Zeit, meist auf seinen eigenen Vorteil bedacht war und nicht dem Typus des edlen Ritters entsprach. Noch Jahre später prägte diese Figur aus „Für eine Handvoll Dollar“ die Rollen von Eastwood. Um dies nachzuvollziehen, muß man sich nur einmal die „Dirty Harry“-Filme anschauen, obwohl sie nicht dem Westerngenre entstammen. Die dritte große Karriere, die hier ihren Ursprung hatte, war die von Ennio Morricone, der unter dem Namen Dan Savio für die einmalige Filmmusik verantwortlich war, die dem Western einen rauen Ton gab und dabei dennoch unverschämt eingängig war. Die Zusammenarbeit dieser drei Filmschaffenden zog sich über mehrere Projekte hinweg. Der Karrierehöhepunkt dieses filmischen Triumvirats war zweifelsohne „Zwei glorreiche Halunken“.

Zur Zeit des Drehs konnten die Beteiligten dies natürlich nicht ahnen. Vielmehr war es ihnen nur zu bewußt, dass sie einen Low Budget-Western in Spanien drehten, dem selbst viele der Mitwirkenden nicht besonders große Erfolgschancen einräumten. Dass man dem Film nicht das geringe Budget ansieht, muß man Leone hoch anrechnen. Zwar sieht man seinen folgenden Filmen das größere Budget an, doch für sich genommen, kann man dies von „Für eine Handvoll Dollar“ nicht sagen. Leones filmischer Stil, der später weltbekannt werden sollte und prägend für eine ganze Armee Nachahmer sein sollte, war im Ansatz schon zu erkennen. Leone liebte den Gegensatz von Totalen, in denen die einzelne Figur nur einen kleinen Teil des Bildes ausmachte und gewaltigen Großaufnahmen, in denen die Gesichter der Darsteller leinwandfüllend zu sehen waren. So wurde ein ungeahntes Mienenspiel möglich, das vor „Für einen Handvoll Dollar“ so nicht zu sehen war.

Die Darsteller des Films wissen allesamt zu überzeugen. Ihre Leistungen sind für einen Film dieses Genres und Budgets als überdurchschnittlich zu bezeichnen. Allerdings kann es keiner der anderen Schauspieler mit der charismatischen Leistung von Clint Eastwood aufnehmen. Er war darum bemüht, seinen Charakter so wenig wie möglich sprechen zu lassen und umgibt ihn mit einer mysteriösen Aura. Niemals weiß man so genau, was er denkt. Dies erzeugt eine Unberechenbarkeit, mit der nicht nur die Gegner im Film zu kämpfen haben, sondern auch die Zuschauer über die Motive des namenlosen Reiters im Unklaren läßt. Verbunden mit der reduzierten, aber dennoch differenzierten Mimik Eastwoods entstand eine neue Art des Filmhelden, die bis heute noch Bestand hat. Als weiteres Beispiel seien an dieser Stelle die „Stirb Langsam“-Filme genannt, die einen ähnlichen Heldentypus zeigen. Nach weiteren Beispielen muß man aber auch nicht lang suchen. Die Liste ist sehr lang.

„Für eine Handvoll Dollar“ ist für sich genommen ein großartiger Western, vor allem, wenn man bedenkt, unter welch schwierigen Bedingungen er entstanden ist. Im Vergleich zu einigen späteren Werken Leones muß er sich aber geschlagen geben. „Zwei glorreiche Halunken“ ist aber auch ein Maßstab, dem manch anderer Western unterliegt / unterliegen muß. Aber gerade weil Leone seinen Stil noch nicht so ganz gefunden bzw. perfektioniert hat, hat „Für eine Handvoll Dollar“ einen ganz eigenen Reiz. Die Einstellungen sind noch nicht ganz so lang und schwelgerisch. Die Minuten ganz ohne Dialog sind auch noch nicht so lang. Das macht den Film vielleicht etwas weniger kunstvoll, aber auch eine ganze Spur verdaulicher, als z.B. „Spiel mir das Lied vom Tod“.

Fazit: 8 / 10

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