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Worin liegt die Annahme einiger Filmemacher begründet, dass sich das Publikum an Streifen erfreuen könnte, deren Stilmittel künstliches Bildflackern, kontinuierlich eingestreutes Rauschen, Filmrisse und bewusst eingesetzte Continuity- Fehler sind? Werke, die durch ihre Machart absichtlich dem billigen amerikanischen „Grindhouse“-Kino huldigen, ein hohes Podest errichten und diese Subkultur dort oben wohlbehütet platzieren. Der ureigene Charme dieser damaligen Produktionen, rückblickend sicherlich romantisiert und verklärt, spielt zweifelsohne eine nicht zu unterschätzende Rolle im Kalkül der kreativen Köpfe hinter der Idee des „Grindhouse“- Doublefeatures anno 2007. Die Herren Tarantino und Rodriguez präsentieren mit „Death Proof“ und „Planet Terror“ jedenfalls einen forcierten Gegentrend zu den gängigen, aalglatten Hollywood-Blockbustern, obwohl an dieser Stelle „anders“ nicht mit „neu“ gleichgesetzt werden sollte.

So grotesk es auch klingen mag: mit „Planet Terror“ hat Robert Rodriguez den Feministen in sich entdeckt und gnadenlos ans Tageslicht gezerrt. Allerdings geht er diesbezüglich nicht annähernd so weit wie Kollege Tarantino, welcher mit „Death Proof“ nicht nur Frauenpower proklamiert, sondern schlussendlich mit der Umkehrung der männlich/weiblichen Rollenverteilungen noch eins draufsetzt. In Rodriguez „Planet Terror“ ist es primär die äußerst wehrhafte Cherry Darling (superheiß: Rose McGowan), die nach einer Epidemie den lebenden Toten gehörig in den Hintern treten darf- und wie sie das tut! Rodriguez stilisiert seine Protagonistin zur coolen und äußerst toughen Kampfamazone, die sich selbst durch den Verlust eines Beins nicht aus der Bahn werfen lässt. Dabei stellt sie- nicht nur optisch- ihren männlichen Gegenpart El Wray (Freddy Rodriguez) in den Schatten, ohne jedoch gleichzeitig auf Anflüge von Verletzlichkeit verzichten zu müssen.

Rodriguez gelingt mit „Planet Terror“ sicherlich keine Revolution des Genres aber der Zuschauer realisiert auch schnell, dass das überhaupt nie seine Intention war. „Planet Terror“ ist genauso wie „Death Proof“ eine persönliche Reminiszenz, eine Hommage -ja, wenn man soll will- eine Ehrerbietung an die vergangenen Tage des Exploitation- Kinos. Jüngeren Kinogängern dürften die Zusammenhänge und Intentionen vielleicht nicht ganz so klar sein wie nötig, um ein Höchstmaß an Unterhaltungswert aus diesem Projekt herauszukitzeln. Nichtsdestotrotz gelingt es dem Film aber, für sich alleine zu stehen. Wer an dieser Stelle jedoch die Neuerfindung des Rads erwartet, sei gewarnt: Rodriguez Film verheißt spaßig-blutiges, vollkommen überdrehtes Schaukino, welches sich dankenswerterweise zu keinem Zeitpunkt ernst nimmt, sondern stets das Gezeigte mit einem schelmischen Lächeln serviert. Nicht mehr, jedoch auch nicht weniger.

Was in den 60/70er Jahren den Umständen geschuldet war, verwurstet „Planet Terror“ in vollem Bewusstsein- macht es sich zu eigen-, um daraus ein Konzept des kontrollierten Chaos zu entwickeln. Storys dünn wie Esspapier, eine bescheidene technische Umsetzung und abgenudelte Kopien scheinen der Stoff zu sein, aus dem Träume gestrickt werden. Oder auch nicht, lässt man zumindest die unbefriedigenden US- Boxoffice- Ergebnisse zu Wort kommen. Dies erweist sich in einer Zeit der stets voranschreitenden Perfektion, die jeder potentielle Blockbuster zu erfüllen hat, als durchaus bedauerlich, bietet „Planet Terror“ für heutige Maßstäbe doch erfrischend andere Unterhaltung. Der dreckige Flair (hinter dem nichtsdestotrotz gut getarnte Professionalität lauert) und der Funfaktor können aber leider nicht darüber hinwegtäuschen, dass dem Film wenigstens ein Quäntchen Spannung durchaus nicht geschadet hätte. Dafür gibt sich die Mischung aus Action- und Splatterstreifen jedoch bei weitem zu überzogen, um dergleichen Gefühle im Publikum zu wecken.

Rodriguez schiebt sein Filmvehikel unverdrossen entlang ausgefurchter Pfade, ohne dabei auch nur jemals in die Nähe von Neuland zu geraten. Muss er auch nicht, den Spaßfaktor mindert es keinesfalls. Nachdem der geneigte Zuschauer mit „Planet Terror“ nun das zweite „Grindhouse“-Segment zu Gesicht bekommen hat, fällt es schwer zu sagen, welcher der beiden Streifen schlussendlich die Nase vorn hat. Zu unterschiedlich gestaltet sich die Herangehensweise der beiden Regisseure an das Sujet. Lässt man sich jedoch auf den Vergleich von Äpfeln mit Birnen ein, muss man Tarantino zugute halten, dass seine Frucht doch ein wenig süßer und reifer schmeckt.

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