Review

Niemand wird behaupten, dass er sich nach den Billigproduktionen der 70er Jahre zurücksehnt, die meist Non-Stop in irgendwelchen heruntergekommenen Bahnhofkinos liefen und so mutete Tarantinos und Rodriguez "Grindhouse"-Projekt von Beginn an als persönliche Reminiszens an. Solche Erinnerungen funktionieren am intensivsten, wenn man sich auch noch den muffigen Geruch und die quietschenden Klappstühle dieser Etablissements vor Augen führt - doch kann man davon ausgehen, dass unter den heutigen Kinozuschauern nur die Wenigsten diese Filme mit solchen Jugenderlebnissen verbinden.

Das war beiden Regisseuren bewusst und da sie nicht nur für ihr Home-Video drehen wollten, entstanden filmische Zwitterwesen, die zum Einen die mangelhafte Qualität der Filme imitierten, aber zum Anderen den Geschmack des heutigen Publikums treffen sollten. Dabei kam ihrem Anliegen entgegen, dass es inzwischen eine gewisse Begeisterung für schlechte Filme und deren unfreiwilliger Komik gibt, welche Werke wieder ans Tageslicht brachte, die vor zwanzig Jahren noch als reiner Müll galten. Wie meistens bei solchen "Entwicklungen", handelt es sich keineswegs um eine authentische Auseinandersetzung mit den damals bewusst billig für ein anspruchsloses und sensationsgeiles Publikum gedrehten Filmen, sondern um eine Auswahl, die eigenen - heute als "cool" geltenden - Regeln unterliegt.

Diese Regeln erzeugen eine Art Dynamik, die Denjenigen, die in der Lage sind, die jeweiligen Zitate, absurden und unlogischen Storywendungen oder die meist misslungene Tricktechnik als humorvolle Unterhaltung zu deuten, das Gefühl geben, einer eingeweihten Gruppe anzugehören - Verächter gelten dagegen im besten Fall als "Spassbremsen". Wer sich allerdings einmal intensiv mit den damals gezeigten originalen "Reißern" beschäftigte, wird wissen, dass diese vor allen Dingen mit Langeweile aufwarteten. Wenige Gewalt- oder Sex-Darstellungen wurden mit eintönigen, debilen und sehr langsamen Szenen verbunden, die dem Betrachter eine Menge an Geduld abverlangten, eine Geduld, die heute auch kein sogenannter "Trash Liebhaber" mehr aufbringen würde - schon gar nicht in knarzenden Holzstühlen, die nach wenigen Minuten ein taubes Gefühl am Sitzfleisch erzeugen...

Deshalb sollte man sich in "Planet Terror" nicht von der nachgemachten Billig-Optik täuschen lassen, denn Rodriguez ist hier völlig auf der Höhe der Zeit und macht vor allem Tempo. Ein Ereignis jagt das nächste, Gore- und Splatter-Effekte lassen den Bildschirm von Blut, Eiter und Gedärmen überfliessen und jeder Einschuss sieht nach einem Doom-Doom Geschoss aus. Schon der Go-Go (nicht Heul-Heul) Tanz der süssen Cherry Darling (Rose McGowan) zu Beginn, hat nichts von den primitiven Sex-Spässchen blasser "White-Trash"-Blondinen damaliger Coleur, sondern ist attraktiv und sexy. Und natürlich ist auch die Tricktechnik vom feinsten, so dass in "Planet Terror" nie der unfreiwillige Humor auftaucht, der angeblich den Spass am "Trash" ausmacht.

Gut ist das auch an der wiederholten Verwendung von John Carpenters Filmmusik zu erkennen, die von Fans begeistert im Gesamtkonzept aufgenommen wird. Nur hat Carpenter gar nichts mit "Grindhouse" zu tun, weswegen seine Filme bis heute mit atmosphärischer Dichte und nachvollziehbaren Charakteren überzeugen können. Das Rodriguez ausgerechnet ihn hier zitiert, verdeutlicht, dass ihm klar war, das er andere Qualitätsmassstäbe an seinen Film anlegen musste, als sie in "Grindhouse" an der Tagesordnung waren.

Trotzdem ist Rodriguez näher an dem ursprünglichen Konzept geblieben als Tarantino, denn dieser hatte in "Death Proof" die filmischen Mittel der "Grindhouse-Filme" nur benutzt, um damit seine Intentionen zu untermauern. Filmrisse, Farbfehler oder ähnliche Mängel wurden von Tarantino ästhetisch eingesetzt und bewusst in die Story eingebaut, während sie in "Planet Terror" zufälliger und deshalb "natürlicher" wirken. Ähnliches gilt für die Story, die in "Death Proof" eine Symmetrie erzeugte, die durch ihre inhaltliche Veschiebung der beiden Teile Tiefe erzeugen kann und zudem genauere Charakterisierungen anbot.

Dagegen ist die Story in "Planet Terror" an Oberflächlichkeit kaum zu überbieten. Von Beginn an geht es gleich zur Sache - die jeweiligen Stereotypen werden ohne inhaltliche Vorbereitung ins Geschehen gejagt und es gilt nur, eine Gemetzel an das nächste zu reihen und dabei alle Erwartungshaltungen der heutigen Generation zu erfüllen. Rodriguez gelingt damit tatsächlich ein "neuer" Film im Geiste der ursprünglichen "Grindhouse"-Idee, denn er transferiert das Konzept in die Gegenwart und schafft damit ein Werk, dass genau das gleiche Publikum erreicht wie die damaligen Filme - nicht erstaunlich, dass sein Film nicht wirklich erfolgreich ist, auch wenn er in der Zielgruppe sicherlich einmal den inflationären "Kult-Status" erreichen wird.

Fazit : Da "Planet Terror" und "Deathproof" als Double-Feature geplant waren, drängt sich der Vergleich auf und je nach Gesichtspunkt verschiebt sich die qualitative Einschätzung. "Planet Terror" ist wesentlich näher am "Grindhouse"-Konzept und damit bewusst der schlechtere Film, denn er setzt auf eine Story, die nur dem Unterhaltungswert dient und dabei gnadenlos auf Sex und Gewalt zielt. Durch die fehlenden Charakterisierungen und die vorhersehbare Story nutzt sich der Effekt ab - wie bei einer Komödie, die einen sehr guten Witz erzählt, den sie aber ständig wiederholt. Schön ist das an dem Pseudo-Trailer "Machete" zu Beginn zu erkennen, der genau die richtige Länge hat und dagegen wie ein Kleinod wirkt.

Vielleicht hat Rodriguez diesen Abnutzungseffekt auch eingeplant, denn damit kommt er wieder in die Nähe der Eintönigkeit, die schon in den damaligen Bahnhofkinos vorherrschte und die doch eine erkleckliche Anzahl Zuschauer nicht davon abhielt, sich immer wieder den Arsch breit zu sitzen, um einer neuerlichen Sensation zu harren (5/10).

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