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Abrupt geht es weiter – nun bis an das Ende der Welt. Ein Jahr musste die Menschheit warten, um den dritten und an sich letzten Teil von „Fluch der Karibik“ sehen zu dürfen. Es wurde in einem Stück gedreht, die Story von Teil zwei geht nahtlos in das Finale über. Mittlerweile ist Jerry Bruckheimers Piraten-Spaß zu so einem Selbstläufer geworden, dass sämtliche Zielgruppen altersunabhängig in die Kinos strömen. Der moderne Blockbuster ist eine Geldkuh, die es zu melken gilt.

Den Grundstein dafür hat immer noch das Original gelegt. Die naiv-kindliche Lust an der Piraterie wurde durch herrliche Karibik-Locations und einer Kultfigur, nämlich Captain Jack Sparrow, gefördert. Die knallbunt exzentrische, leicht tuckige Figur fand in Johnny Depp die optimale Hülse und wurde zum Star der neuen Piratenwelle.

Leider nutze sich die Magie im zweiten Teil der Trilogie leicht ab. Sparrows Gestik und Mimik war bekannt und die Story wurde überfrachtet und unnötig verworren, so dass der Spaß an der Sache deutlich abnahm. Zudem wurde der infantile Charme, der für den ersten Teil so charakteristisch war, durch eine Verdüsterung des Geschehens genommen.

Der Abschluss geht in Hinblick auf die Charakteristiken der Vorgänger eine gegensätzliche Richtung. Während die Story sich weiterhin in dunklen und aufgebläht überladenen Bereichen bewegt, ist der Charmefaktor wieder deutlich näher bei dem Level des ersten Films.

Sparrow (Johnny Depp) ist tot, sein charismatischer Gegenspieler Kapitän Barbossa (Geoffrey Rush) wurde am Ende des zweiten Teils zum Leben erweckt. Lord Cutler Beckett (Tom Hollander) bzw. die East India Trading Company besitzt die Macht über Davy Jones und seiner Crew auf der Flying Dutchman. Die Company möchte mit den krankenhaft, ekligen Piratenungeheuer rund um Jones und die Dutchman alle lebenden und in das Leben zurückgeholten Seeräuber dieser Welt vernichten. Deshalb soll der hohe Rat der Piraten zusammentreffen und Ratsmitglied Jack Sparrow zum Leben erweckt werden. Will Turner (Orlando Bloom) und Elizabeth Swann (Keira Knightley) machen sich mit Barbossa auf dem Weg nach Singapur, um den Piratenfürsten Sao Feng (Chow Yun Fat) aufzusuchen, mit dessen Hilfe sie die Pforte zur Unterwelt am Ende der Welt öffnen können.

In stinkend düsteren und eklig anmutenden Singapur beginnt das Abenteuer und führt über eisiges Terrain zu altbekannten Karibik-Locations. Es geht im Grund um das Duell Gut gegen Böse. Sparrow, Barbossa, Swann und Turner kämpfen gegen den schleimigen Beckett und Davy Jones. Die Piraten dieser Welt verbünden sich gegen die Übermacht der East India Trading Company, deren Führer die Spezies der Seeräuber ausrotten möchte. Kurzum: Die große Abrechnung folgt.

Das verspricht jede Menge Action und Schauwerte. Leider walzt man wie schon im Mittelteil der Trilogie, die eigentlich simple Story unnötige die Länge und streut mehr oder weniger erquickende Nebenplots. Die Romanze zwischen Swann und Turner wird bis zur absurd albernen Heirat während eines Gefechts geführt und den Sinn bzw. Unsinn rund um den CGI-Wahn der zum Himmel mutierenden Piratengöttin-Calypso, erschließt sich einem auch nicht wirklich. Ansonsten wird paktiert ohne Ende, jeder der Protagonisten verfolgt eigene Absichten und versucht den anderen zu hintergehen. Das ist schön und gut, aber man kann das Treiben auch übertreiben – was hier beinahe der Fall ist. Wenn Swann bzw. Keira Knightley zur ultimativen Piratenbraut ernannt wird, mag man auch noch ein wenig die Augen rollen, zumal sie und vor allem Orlando Bloom aufgrund ihrer Blässe gegenüber den anderen Protagonisten und der seifigen Liebhudelei ein eher nerviges Schattendasein genießen.

Wie auch immer, Regisseur Gore Verbinski und das Drehbuchduo Ted Elliott und Terry Rossio führen in diesem Sinn die Schwächen des zweiten Teils fort. Der große Unterschied zum Vorgänger liegt allerdings darin, dass man die Ärgernisse nur am Rande wahrnimmt und trotz der gigantischen zweieinhalbstündigen Lauflänge keine Durststrecken überwinden muss. Die Story um das finale Duell, wenn sich die Piraten dieser Welt verbünden, transportiert jede Menge herrlich knallbunter Schauwerte. Einfallsreiche Kostümierungen und Make-ups führen zu keinen Enttäuschungen. Die Charaktere hinter den Masken sind herrliche Kanarienvögel, die den Karibik-Kontext wunderbar ergänzen.

Dazu altbekannte Gesichter, die hier wieder zur Hochform auflaufen. Allen voran Kapitän Barbossa und natürlich Jack Sparrow, das kongeniale Duo aus dem ersten Teil. Geoffrey Rush und Johnny Depp erreichen alte Stärke und sorgen mit ihrem Wortgefechten und Slapstickeinlagen dafür, dass der Charme des Originals wieder erreicht wird. Sparrows abgedrehte Wahnvorstellungen zu Beginn, das Duell der beiden um das größte (Fern)-Rohr – und überhaupt, Depp spielt mit einer derartigen Freude, dass die Abnutzungserscheinung in Hinblick auf seine tuntig-besoffene Art nie auftreten und seine Figur quasi ein Revival erlebt. Unnachahmlich auch das Zusammentreffen mit seinem Vater (Keith Richards), der als Vorlage für den Sparrow-Charakter diente. Depp parodiert sich quasi selbst und hat die schillernde Figur des Films so gut im Griff, dass sie ihm nie entgleitet. Barbossa vollendet den Effekt, er ist der charismatische Gegenspieler, den man im zweiten Teil weitgehend vermisst hat.

So nimmt das Finale doch noch richtig Fahrt auf und steuert einem optisch beeindruckenden und angemessenen Action-Spektakel entgegen. Im Hintergrund nimmt man Hans Zimmers bombastisch pompösen Score, der dieses Mal variabler ist und nicht nur das Original zitiert, mit Freude wahr.

Am Ende ist das Ziel, trotz unnötiger Storyüberfrachtung, ohne Komplikationen und mit Unterhaltungswert erreicht. Die Legende lebt. (7/10)

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