Jedes Krankenhaus würde sich über einen Film wie „Verführung einer Fremden“ freuen, ist er doch so erfrischend steril wie ein neues OP-Besteck.
Dabei hätte man etwas Berauschendes und Abgründiges erwarten können, denn irgendwer hat hier wieder mal den berüchtigten „Erotikthriller“ werbetechnisch geschickt ins Spiel gebracht, was ja manchmal zusätzlich Kasse bringt, uns meistens aber darauf hinweist, dass es sich hier höchstwahrscheinlich um einen Rohrkrepierer handelt.
Und ja – wir haben es hier mit einer besonders emotional verkümmerten Sorte von Thriller zu tun, der wirklich nur diejenigen erwärmen kann, die beim Anblick Halle Berrys (bekleidet) schon die Hormonlanze trifft.
Die ehemalige Oscarpreisträgerin, die seither eine geradezu phänomenale Pechsträhne bei der Rollenwahl bewies, spielt hier eine Enthüllungsjournalistin, der man von oben den schon fälligen Pulitzerpreis versaut.
Knackig wie sie ist, putzt sie die Platte und wir daraufhin von einer alten Bekannten auf einen Werbefachmann aufmerksam gemacht, der im Erotikchat so richtig die Kuh fliegen lässt. Der wiederum wird gespielt von Bruce „Ich nehm den Scheck für zwischendurch“ Willis, der irgendwo zwischen dominant und herrschsüchtig mal apokalyptisch seine Mundwinkel kräuselt, auf das es ihn verdächtig mache – denn die Bekannte taucht als formschöne Leiche baldigst wieder auf.
Aber wie Enthüllungsjournalistinnen nun mal sind, macht sich Frau Beere flugs an eine Stelle als Bürohilfskraft heran, um den Meuchler zu überführen, indem sie sich enthüllt.
Nun muß in James Foleys Thriller aber niemand darauf setzen, dass hier die Möpse von den Bäumen hängen, denn so züchtig ging es selten zu im Thrillerland, die paar wilden „Ich-fick-dich-durch“-Kraftausdrücke aus dem Chat locken heute keinen Grundschüler mehr hinter seinem Aufklärungsforum hervor.
Unsere Halle hat natürlich auch ein Helferlein, das für den elektronischen Background verantwortlich ist und ihr herzhaft hinterher hechelt, was sie gepflegt ignoriert, worauf er sich stets die Kante gibt – und der Zuschauer möchte es ihm bald gleichtun.
Was Foley (sowieso mehr Handwerker als Schöpfer) nämlich hier zusammenstümpert, ist nicht nur steril, sondern entbehrt auch jeglichen Interesses.
Erstens sind sämtliche Figuren dermaßen unsympathisch gezeichnet, dass sie möglichst alle auf einmal draufgehen sollten und zweitens kommt der Käse auch nie in Fahrt. Zwar ist man mittels Skript heillos bemüht, Bruce Willis zum Verdächtigen Nr.1 zu machen und gerade weil man das Bemühen spürt, kann er es nicht sein.
Da der ganze Film praktisch nur aus drei Figuren besteht, fällt damit ausgerechnet Giovanni Ribisi, der Mann für alle bekloppten Fälle, als Elektronerd die undankbare Rolle zu, der Finsterling zu sein und tatsächlich hat er so einige Leichen im Schrank.
Um so überraschender…
…wir wollen nichts verraten, aber allein die Tatsache, dass wir im Film stets und ständig mit Rückblenden aus Frau Beeres missbrauchter Kindheit gegeißelt werden, sagt uns, dass da mehr im Busch ist und tatsächlich holen die Autoren in den letzten 10 Minuten einen knüppeldicken Plottwist aus der Unterhose, der den Film munter auf den Kopf stellt.
Das Dumme daran? Auf dem Kopf stehend ist das Ganze immer noch scheißlangweilig.
Leider ist wieder mal der deutsche Filmtitel sinnentstellend, denn nicht Frau Berry ist die Fremde, sondern der Originaltitel „Perfect Stranger“ bezieht sich auf was ganz anderes.
Wer die mechanischen ersten 100 Minuten jedoch durchgehalten hat, ohne ins Traumland abzurutschen, kann sich auf die finale Wendung samt Extraschlußgag freuen, die auch das einzig Interessante am Film ist.
Ergo ein richtig schön seelenloses Produkt der Hollywoodmoderne, das vorgibt, irre aufregend zu sein, obwohl es nichts hat, mit dem ein Skandal auch nur ansatzweise auszulösen wäre – und Willis ist allmählich für die Erotikschiene zu alt.
Wer „Basic Instinct 2“ durchgehalten hat, kann sich in etwa vorstellen, was ihn erwartet – nur ohne nackte Brüste und den nötigen Trashfaktor, um über den Murks lachen zu können. (3/10)