So, nun ist sie begutachtet, die digitale Schlachtplatte, "300" liegt unterm Messer, jetzt wird seziert. Und man glaube es oder man glaube es nicht, schon einen Tag nach dem Kinobesuch weiß ich gar nicht mehr, wo ich ansetzen soll.
Doch, natürlich, das Pfund, mit dem "300" am meisten wuchert, ist seine Optik: Ja, die ist toll. Stylish. Aufwendig. Leblos. Steril.
Dieses Genre benötigt einfach richtige Landschaften, bei aller gewollten Comic-Verfremdung, dieser Film hat nicht geatmet. Wenn Leonidas den Berg des Orakels erklimmt, konnte ich meine innere Stimme einfach nicht zum Verstummen bringen, die da brummte: "Pappe, Pappe, der Berg, der ist aus Pappe!"
Sicher, die Effekte während der Schlachten hatten schon ein hohes Niveau, aber es fällt einem schwer, sich auf das Gebotene zu konzentrieren, denn die innere Stimme gibt mitnichten klein bei: "Nun schau´dir mal diese prachtvolle, verschwenderische Machart an. Realität ist hier kein Maßstab. Aber warum entsenden die Perser dann nur ein Nashorn statt zwanzig? Weshalb nur drei Elefanten? Ziemlich mau. Und vor allem, warum ist nach diesen vier Tieren Schluss? Tja, hat nicht geklappt, ergo neuer Plan? Ist das eine Verbeugung vor einem anderen großen Comic? Sind die Perser der Coyote und die Spartaner der Roadrunner?"
Verständlich, dass einen das Geschehen mit solchen Gedanken nur marginal tangiert.
Und der Film leistete nichts, um meine Aufmerksamkeit erneut einzufordern. Die Schlacht wogte so vor sich hin, die Perser machten generelle Inkompetenz durch Masse und Monstrosität wett, was dem Film natürlich überhaupt nicht bekam. Wie will man den Kampfgeist der Spartaner betonen, wenn der Gegner einfach nicht gefährlich wirkt? Das Ergebnis: Spannung war völlig abwesend (ta-dah, da ist er schon, mein Hauptkritikpunkt), und wenn der Fokus auf die politischen Ränkespiele in Sparta verlagert wurde, wurde es sogar NOCH langweiliger. Da nützte auch Lena Headys Performance nichts, die im übrigen neben der ihres "Mannes" Gerard Butler die einzig überzeugende schauspielerische Leistung darstellte. Butler seien in Zukunft gute Rollen vergönnt, der Mann hat´s drauf.
Machen wir´s kurz und schmerzlos:
Faschistische Tendenzen, beleidigte Iraner, kontroverse Machart, was hatte ich nicht alles über "300" gelesen, aber Langeweile? Vor der hat mich niemand gewarnt.
Deshalb bleibt nur zu sagen, dass die erhitzte öffentliche Debatte diesem Film SEHR gelegen kommen muss. Sie unterfüttert ein Spektakel, dem ein paar kontroverse Standbeine guttun. Dabei wäre betretenes Schweigen weit angebrachter. Alle Interpretationen von Snyders Film sagen (wie so oft) mehr über ihre Urheber aus denn über das bedenklich hohle filmische Konstrukt. Darum an dieser Stelle das Fazit eines Comicfans, der noch einmal die gigantische Kluft zu Robert Rodriguez´ genialem "Sin City" herausgestellt sehen möchte:
Aufwendige Optik allein kann einem Film kein Leben einhauchen. Erst recht kein langes. Und so steht zumindest in filmhistorischer Hinsicht zu vermuten, dass Leonidas´ letzter Befehl, "Remember us", ein frommer Wunsch bleiben wird.