Review

HARD GUN

Die Unwetterwarnung kam aus Thailand. Mit ONG-BAK (2003), BORN TO FIGHT (2004) und TOM-YUM-GOONG (2005) fegten zwei (Stunt-)Männer wie ein Taifun über die Welt des Kampfsportfilms hinweg. Danach gab es ganz schnell Entwarnung. Man könnte den nachfolgenden Winden Codenamen wie „Vorsicht: Handlung!“ [Chocolate (2008)], „Eigenwilliger Knallfrosch!“ [Dynamite Warrior (2006)], „Unterhaltsamer Metrosexueller!“ [Brave (2007)] oder „Unerträglicher Gaylord!“ [Fighting Beat (2008)] geben. Die schleppende Entwicklung weiterer Unwetter verfolgte man mit Magenschmerzen [Ong-Bak 2 (2008)], falls man sich nicht gleich mit dem Gedanken anfreundete, dass diese womöglich niemals über den heimischen Bildschirm fegen werden [Bangkok Adrenaline, The Sanctuary]. Bleibt also noch der Sprung vor den großen Taifun, wo ich diesmal bei einer Video-CD namens PUEN HODE (1996) gelandet bin, welche Tony Jaa immerhin Seite an Seite mit seinem Mentor Panna Rittikrai in Aktion zeigt…

Neulich hatten Panna und Tony einen Termin beim Fotografen. Beide bekamen ein schwarzes Sakko an, eine schicke Gelfrisur verpasst und eine Knarre in die Hand gedrückt. Schön stylish haben sie ausgeschaut. Anlass waren die Coverfotos der beiden US-Veröffentlichungen von PUEN HODE, welche dort den internationalen Titel HARD GUN tragen. Eine DVD wäre hier eigentlich das Höchste der Gefühle gewesen, während eine Auswertung auf Blu-ray kaum überflüssiger hätte sein können. Auf die modernisierten und einen brandaktuellen Film vortäuschenden Cover sollte nach Möglichkeit niemand hereinfallen, denn was Panna und Tony mit diesem Frühwerk abgeliefert haben, würde ich nicht nur als schlechtesten Film in ihrer beider Filmographie bezeichnen, sondern auch als einen der schlechtesten Kampfsportfilme, die mir jemals über den Weg gelaufen sind!

Die Inhaltsangaben, nach denen Panna einen Cop und Tony einen Gangster spielen soll, sind einmal mehr ziemlicher Quark und verbreiten sich im Internet trotzdem wie ein Lauffeuer. Sie stammen meist aus Quellen, welche in der Darstellerliste gleichzeitig noch Tony Jaa UND Ja Panom zu stehen haben. Hätte man sich den Film angeschaut (und nicht nur die Inhaltsangabe weiter und weiter kopiert…), dann wüsste man, dass Panna und Tony hier zusammen auf der Seite der Gesetzlosen stehen. Ihnen gegenüber sieht sich ein Cop (Jai Juntamooltree), welcher einige Mitglieder einer Gangsterbande ins Jenseits befördert hat und sich und seine Familie deshalb vor einem Vergeltungsschlag beschützen muss. Das war es dann schon an Story. Untermalt wird HARD GUN mit beinahe penetranten Endlosschleifen der MORTAL KOMBAT- und GOLDENEYE-Themen und auch über den Rest des Films gibt es ausschließlich Negatives zu berichten…

Nach einem kurzen Shoot-Out zwischen Cops und Gangstern, welcher den Grundstein zum späteren Vergeltungsschlag legt, kehrt unser Cop zu seiner Familie zurück. Seine Mutter ist lange tot und der Vater dadurch traumatisiert. Die Schwester ist recht normal und der Bruder hat Zahnlücken und einen totalen Dachschaden. Ohne weiter ernsthaft darauf einzugehen verbringen die Geschwister einen Großteil des Films zusammen, spielen Karten oder machen Wettrennen auf Fahrrädern, welche in merkwürdigen Zeitraffern gezeigt werden. Später gerät man auf einem Spielplatz mit einigen Schlägertypen aneinander und bei diesem Gerangel kann sich HARD GUN niemals zwischen albernem Klamauk und unpassenden Härten entscheiden. Da bekommt man Schaukeln vor den Kopf oder stolpert über Wippen. Da bekommt ein Schlägertyp jaulend Messer in Arsch und Eier gestochen, kann aber Momente später wieder grinsend und völlig unverletzt am Geschehen teilnehmen. Da stürmen „Bruder Sockenschuss“ und ein Fettsack schreiend aufeinander los, sinken aber schon vor dem Zusammenprall erschöpft zu Boden, worauf der Fettsack ein Glas Wasser hinter seinem Rücken hervorzaubert, um sich erst einmal einen Mineraldrink anzurühren…

Zeitgleich kreuzen dann Panna und Tony zwecks Rachenahme beim Vater auf, wobei sich ihre bösen Gesichter und der ernsthafte Hintergrund noch extremer mit dem albernen Klamauk beißen. Letzterer ist dabei lange nicht überstanden: Geschwister und Schlägertypen treten zum Fußballmatch an, wobei die Schlägertypen ständig den Ball an den Kopf bekommen und zu dumm sind, ihr eigenes Tor zu erkennen. Danach geht es direkt weiter mit „Sepak Takraw“; jenem thailändischen Spiel, bei dem ein Rattanball zwischen den Spielern hin- und hergetreten werden muss, ohne dass er den Boden berühren darf. Einige kennen dieses Spiel sicher aus dem Van Damme-Klassiker KICKBOXER (1989) und nun dürft Ihr raten, wer hier wieder mit schöner Regelmäßigkeit den Ball vor den Kopf bekommt…

Hat man diesen unverdaulichen Teil von HARD GUN überstanden, so hofft man, am Ende wenigstens noch mit einem einzigen richtigen Zweikampf belohnt zu werden. Wir befinden uns hier schließlich in einem Panna Rittikrai-Film! Doch auch hier ist die Enttäuschung groß: Jai und Tony beharken sich zwar eine gewisse Zeit lang zwischen Felsen und Sträuchern, aber wirklich Sehenswertes kommt auch hierbei nicht heraus. Es wird ein wenig hin- und hergetreten, aber fesselnde Schlagabtausche, harte Zeitlupentreffer oder spektakuläre Stunts kann man sich komplett abschminken. Tony springt einen überflüssigen Salto nach dem anderen und hat sich damit zumindest für den Part des Robin Shou-Stuntdoubles in MORTAL KOMBAT: ANNIHILATION (1997) empfohlen. Der große Panna steht indes komplett am Rande, fuchtelt mit Pistolen herum und darf nicht einen einzigen Schlag oder Tritt austeilen…

Viele von Panna Rittikrais Frühwerken kenne ich nicht, da die meisten nie außerhalb von Thailand und dementsprechend auch nie in einer mir verständlichen Sprache veröffentlicht wurden. Sein Erstling BORN TO FIGHT (1986) erreichte dank einiger harter Kampfszenen und einiger Kamikazestunts gerade eben Mittelmaß. SING WING LUI (~ 1988) war noch etwas schwächer auf der Brust und aus 2 NUK SOO POO YING YAI (~ 1988) kenne ich lediglich Fragmente, da er von Godfrey Ho im Kickbox-Klopper DRAGON MASTER (1992) verwurstet wurde. Mit HARD GUN ist nun der vorläufige Tiefpunkt erreicht, denn alberner, inhaltsloser, langweiliger und vor allem unspektakulärer lässt sich ein derartiger Film wohl kaum noch inszenieren. Für mich ist das übrigens auch der Punkt, an dem ich innerlich schon ein Todesurteil für derartige Thai-Klopper unterzeichne. Objektiv gesehen hätte es hier 1/10 Punkten geben müssen, doch könnte ich Panna und Tony so etwas niemals antun. Deshalb gibt es aus Respekt vor ihnen für jeden einen Punkt. Sollte es mit dem sehnlichst erwarteten ONG-BAK 2 letzten Endes auch nichts werden, so könnten die Thai-Klopper für mich tatsächlich ein für alle Mal gestorben sein…

2/10 Punkten, diBu!

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