Review

Nachdem im Film des Dritten Reiches vor und zu Beginn des Krieges eine zunehmende Angriffslust mit Drohverhalten zu bemerken ist, man den "Todfeind der Menschheit" mit hysterischen Progromfilmen so abfällig wie möglich präsentierte und sich die umliegenden Staaten bereits symbolisch mit Heimkehr, Feinde, Menschen im Sturm, Bismarck, Die Entlassung, Kadetten, G.P.U., Besatzung Dora etc. vornahm, änderte sich alsbald wieder der Ton.
Nun war nicht mehr der "Film der Nation" als aufpeitschende Anstachelung gefragt, sondern die harmlose Unterhaltung. Das Lustspiel, dass der Bevölkerung in schweren Zeit entsprechend leichte Kost bietet. Sie aufbaut, sie amüsiert und sie von den Problemen des Alltags ablenkt. Viel musikalisches Repertoire wurde aufgefahren, Entspannung, Ausgleich, Beruhigung, Erholung auf die Leinwand projiziert und im Gegenzug die direkt politisch – sendungsbewussten Arbeiten vorübergehend auf ein Zehntel der Produktion zurückgestuft.

Regisseur Kurt Hoffmann war einer der idealen Filmemacher für friedvolle, beschwingt – kindliche, kritikfreie Werke und bediente den enorm gesteigerten Nachfragebedarf von Beginn weg mit populären Komödien, die im Kontrast der gesellschaftlichen Situation eine symbolische Fliehburg für den Menschen schufen: Ein Art des Rückzuges, am besten mit exponierter Lage, grandioser Aussicht und liebenswerten Menschen. Dass er dabei insgesamt 7x mit dem Volksschauspieler Heinz Rühmann kooperiert – nachdem er ihm 1938 bei dessen eigenem Regiedebüt Lauter Lügen assistiert hat –, wirkt sich emblematisch für die Grundhaltung und den folgenreichen Anklang der Filme aus. Rühmann war seit Beginn der 30er ein absoluter Star, der den Massen vielleicht nicht aus der Seele sprach, aber eine vertraute Umgebung und gutgläubigen Einklang bot und ein optimales Kleinbürgerglück verkörperte.

Auch hier ist er der Kumpeltyp, der ideale Schwiegersohn und der Normalmensch von Nebenan gleichzeitig; in der Anfangsszene steht er als Kleinster einer Gruppe Männer ganz hinten und wird von Fluglehrer Hansen [ Lothar Firmans ] auch als Einziger gefragt, ob er überhaupt hierhergehört.
Und in der Tat ist Otto Groschenbügel, genannt 'Quax', erst fehl am Platze. Die anderen Fünf wollen das Fliegen lernen, während Quax sich nur den ersten Preis eines Zeitungsausschreibens abholen will und nach der anstehenden Flugstunde vor Angst auch schnell das Weite sucht. Da währenddessen seine Freundin Adelheid [ Hilde Sessak ] mit einem reichen Verehrer in die Südsee abgehauen ist und ihn das Heimatdörfchen Dünkelstätt bereits als Flughelden feiert, muss er notgedrungen zurück aufs Feld und es allen beweisen. Dabei lernt er die reizende Marianne Bredow [ Karin Himboldt ] kennen und lieben.

Basierend auf der Novelle von Hermann Grote beschreibt der souveräne Autor Robert A. Stemmle eine zumindest an der Oberfläche heiter – angenehme Idylle, in der man natürlich gar nichts von Krisenzeiten oder anderen Probleme mitbekommt und sich stattdessen an allerlei vergnüglichen Sketchen und der herrlichen Gegend von Prien am Chiemsee erfreut. Die Handlung bar Pessismismus und Mutlosigkeit ist offenkundig simpel und durchgängig verständlich gehalten; eine Attraktion, die auf den ersten Blick an- und verlockt und anders als die "Todesschaukel" und "Fischers Affentheater" auf dem Schützenfest eben nicht mit Lautstärke, Gefahren und Absurditäten reizt, sondern mit der blanken, zuweilen steifen Normalität. Eine bescheiden – zuverlässige Biederkeit, in der Alltäglichkeit und Durchschnitt regiert und man den Fortgang auch nicht aussergewöhnlich spannend, dramaturgisch auffällig steigend und emotional aufwühlend gestalten, sondern nur ein träumerisches Paradies der ländlichen Ordnung, Pünktlichkeit und Sauberkeit bereithalten muss. Eine genormte Lebens- und Erziehungsorientierung, mit einer unecht erscheinenden Fassade ausgeprägter Konformität und einem Festhalten an jahrzehntelang gelebten und damit gewohnten Traditionen.
Die einzige Aufregung bietet der Stammtisch, an dem die Erlebnisse nicht nur ins Positive verdreht, sondern sogar ins Übernatürliche angehoben werden. Je grösser und unglaubwürdiger die Lügengeschichte der eigenen Leistung, desto brandender der Applaus.

Quax macht sich diese Formel zu eigen und arbeitet lange Zeit nur mit dem Mund, agiert vorwitzig, fällt ins Gespräch, flunkert. Körperlich eingeschränkt kämpft er noch zusätzlich mit Spitzbubenstreichen, den Tücken der Moderne, den rustikalen Objekten von Medizin und Wissenschaft und manövriert sich allgemein öfters in den Schlamassel als daran vorbei.
Die Titelfigur der brav – anarchischen Situationskomödie lebt dabei ebenso wie sein zugehöriger Film von einer gewissen Sorglosigkeit sowie bewährten invarianten Mechanismen, die das erstmalige Sehen ebenso vertraut machen wie die wiederholten Ausstrahlungen und ihn deswegen mit Berechtigung zu einem Evergreen in der Programmgestaltung entwickelten.
Rühmann hat sich bereits in Es wird schon wieder besser [ 1932 ] unerwartet als Talent entpuppt, in Wer wagt - gewinnt [ 1935 ] durch ein Preisausschreiben das Glück seines Lebens gefunden und er wurde in Kleider machen Leute [ 1940 ] für Jemand Anderen gehalten, als er eigentlich ist.
Sein großmäuliger, aber liebenswerter Reisebüroangestellter ist demnach nur ein geschicktes Konglomerat seiner bisherigen Figuren, die in Herzensdingen ebenso schüchtern - verlegen reagieren. Der Mensch Rühmann mit seinen sichtbaren charakterologischen Eigenschaften als perfekte Identifikation, in Übereinstimmung von Image und Privatperson; später mit der Rolle des Schriftstellers Dr. Johannes Pfeiffer – mit drei f – noch ein bisschen erweitert und zum Höhepunkt der Erfolgsargumente Natürlichkeit und Authentizität gesteigert.

Dabei ist Die Feuerzangenbowle [ 1945 ] durch seinen vollständig abgeschottenen Eskapismus und der Erinnerungskultur besser für das Publikum geeignet und hat nicht nur wegen Nostalgie und Zeitlosigkeit für eine wohlwollendere Aufnahmebereitschaft gesorgt. Quax kann auf jeden Fall gemütlich die Zeit vertreiben, für eine Handvoll gesteigerter Sketchszenen sorgen und die Konjunktur des unbekümmerten Humors bedienen, aber er verbleibt nicht gänzlich in der schwerelosen Belanglosigkeit und vermag nicht durchgängig zwischen Phantasie und Realität zu abstrahieren. Hier spielt nicht nur das wahre Leben immer einen hinterhältigen Streich. Rühmann hat sich der Einberufung entzogen, aber bei Kriegsbeginn eine einmonatige Grundausbildung zum Abwehrflieger abgeleistet und war privat mit Ernst Udet, dem Generalluftzeugmeister des Dritten Reiches, befreundet. Der sich aus fliegerischer Besessenheit Hitlers Wehrmacht verschrieben hat [ Vorbild für Des Teufels General ]. Auch in der teils schizophrenen Erzählung selber werden einige unangenehme Bezüge taktischen Kalküls erweckt; die bereits fruchtbaren Boden finden und in der missglückten Fortsetzung Quax in Afrika nur noch gesteigert werden müssen.
Ihn deswegen als "Machwerk der Wehrertüchtigungspropaganda" zu verschreien, verfehlt sicherlich sein Ziel; vor allem aber kann das Setting missfallen, dass nicht durch Zufall an eine Ausbildungskaserne mitsamt Kommisston und Drillinstruktion und folglich eben an den parallelen Aufbau der deutschen Luftwaffe erinnert.

Fluglehrer Hansen, mit dem obligaten Profil im Sinne nationalsozialistischer Ästhetik ausgestattet, weiht die freiwilligen Neuankömmlinge damit ein, dass harte und anstrengende Wochen vor ihnen stehen; aber wenn sie richtige Kerle sind, werden sie es schon schaffen. Die Fliegerei ist eine [kriegs]wichtige Sache. Wichtiger, als sie vielleicht ahnen. Es werden Männer gebraucht, die für die Idee kämpfen und nicht müde werden.
Quax passt dort zuerst nicht hinein [ Renitenz ], fügt sich alsbald auch in Disziplin, Zucht und Gleichmaß und ist letztlich der Beste in der "stürmischen Front, die wir hier brauchen". [ Eingliederung ].
Aus der Ablenkung wird insgeheim eine Zulenkung und aus der Realitätsferne eine Wirklichkeitsgerechtigkeit, ohne aber eine herrschaftsideologisch gefärbte Wahrnehmung zu schaffen. Hinzukommt nämlich auch ein Unterlaufen der Authorität und eine sanft parodierende Demontage, die sich vielleicht nicht gleich in eine subversive Hamsterkiste verwandelt, aber nie die heroische Glorifizierung anpeilt, die Hansen gerne hätte: Der Antiheld Quax wird im Militärschwank zum Held wider Willen, der für Toleranz gegenüber auch ungewöhnlichen Verhaltensweisen und eine generelle Unvollkommenheit steht. In der Satire auf die soldatischen Tugenden des Fliegerfilms – vorzugsweise die von Karl Ritter – nimmt er mit eloquenter Schlagfertigkeit und grobmotorischer Ungeschicklichkeit dem militärischen Zeremonium und protokollarischen Befehls– und Empfangsritus den aufgesetzt sterilen Ernst.
Auch die männliche Exklusivität der Kameradengemeinschaft zur Stärkung des inneren Zusammenhaltes interessiert den naiven Ungestüm nicht besonders: Er verzichtet auf den kollektiven Traum der uninteressanten Uniformgesellschaft, die im Korpsgeist zu allen unmöglichen Situationen in Gesang ausbrechen und sucht sich in Eigeninitiative seine eigene Familie. Dennoch wird final eine Übereinstimmung mit dem System zumindest zeitweilig manipulativ, indoktrinativ und suggestiv bestätigt. Quax gibt schlussendlich die anfangs gehörten Weisheiten weiter.

Kein wirklich sperriger Untertan; aber einer, den der Obrigkeitsstaat durch seine eigene Identität, der treuherzigen Zwiespältigkeit und der Laus-im-Pelz Mentalität nicht so gebrauchen kann.
Ausser, um die Forderung des Publikums nach Zerstreuung – "Lächeln ist das Kleingeld des Glücks." – zu erfüllen und die Produktionseinnahmen zu vervielfältigen.

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