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Als Soldat im Krieg, Evakuierung nach England und Resistance - diese für Jean-Pierre Melville prägenden Ereignisse, die für immer sein Filmschaffen beeinflussen sollten, lagen erst kurze Zeit zurück, als er Ende 1945 seinen ersten Film - einen ca. 17 minütigen Kurzfilm - drehte. Von diesen Ereignissen ist in "24 Stunden aus dem Leben eines Clowns" noch nichts zu spüren, aber schon sehr viel von seinem unbändigen Willen, Filme zu drehen.

Seine Militärzeit, in die der Beginn des 2.Weltkriegs fiel, und die folgenden Jahre im französischen Widerstand, hatten verhindert, dass Melville, der schon als Jugendlicher kaum die Kamera aus der Hand gelegt hatte, früher zu Filmen begonnen hätte. Unmittelbar nach dem Ende des Krieges gründete er seine eigene Filmfirma, die ihm während seiner gesamten Schaffenszeit Unabhängigkeit garantieren sollte. Er arbeitete meist alleine und holte sich auch für seinen ersten Langfilm "Das Schweigen des Meeres" nur einen Kameramann hinzu, was ihm Ärger mit der französischen Gewerkschaft einbrachte.

Seinen Kurzfilm drehte er mit Filmmaterial von 1942, dass er 1945 auf dem Schwarzmarkt erworben hatte, weshalb er unzufrieden mit dem optischen Ergebnis war. "24 Stunden aus dem Leben eines Clowns" hielt er deshalb lange unter Verschluss (er selbst bezeichnete den Film später als seine "Jugendsünde"), bis ihn sein Produzent dazu überredete, ihn herauszugeben. Er wurde überraschend positiv aufgenommen, was nicht zuletzt an den beiden Hauptdarstellern lag - den Clowns Beby und Maïss.

Vor allem Beby, mit dem Melville befreundet war und den er als einen der letzten der grossen Clowns bezeichnete, steht hier im Mittelpunkt und wird, beginnend mit dem Ende der abendlichen Vorstellung kurz vor Mitternacht, über 24 Stunden begleitet. Er lässt Beby möglichst viel Raum, den dieser zu einer ganzen Reihe humorvoller Szenen nutzt, die Melville nicht ohne Witz aus dem Off begleitet. Er hatte den Film ohne Tonspur gedreht und hinterher synchronisiert.

Im Film ist noch nichts von seinem späterem Fatalismus zu spüren, denn er ist hier nicht an einer Dokumentation über das reale Leben eines Clowns interessiert, sondern viel mehr an dessen Witz und der lässigen Lebensart im Pariser Stadtteil Montmartre, welches er teilweise inszeniert. Schön zu sehen an der Szene, in der Beby und Maïss im Café sitzen und einfach die Leute auf der Strasse beobachten, um daraus Anregungen für ihr Abendprogramm zu erhalten.

Man ist grundsätzlich dazu geneigt, aus dem Erstlingswerk eines einflussreichen Regisseurs auf dessen spätere Werke zu schliessen, aber ausser das die Art und der Zeitpunkt der Entstehung, Melvilles Filmleidenschaft verdeutlichen, gibt es nur wenige Details, die schon auf zukünftige Filme hinweisen. Am ehesten noch die Beschäftigung mit seiner unmittelbaren Heimat am Montmartre, der er sich auch in "Bob, Le Flambeur" widmet - einen Film, den er selbst als "Milieustudie" bezeichnete.

Auch die strenge Unterteilung in 24 Stunden, die er mit einem Blick auf seine Armbanduhr zu Beginn und am Ende des Films bekräftigt, deutet schon auf den detailgenauen Perfektionisten, aber unabhängig davon sollte man diesen Kurzfilm als das sehen, was er ist - ein kleiner unterhaltsamer Film über den Stadtteil Montmartre mit einem wirklich komischen Hauptdarsteller (7/10).

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