Der Journalist Laschen (Bruno Ganz) entflieht seinen Eheproblemen mit einem Auftrag, der ihn in den frisch entbrannten Bürgerkrieg im Libanon führt. Zusammen mit dem Fotografen Hoffmann (Jerzy Skolimowski) versucht er im umkämpften Beirut seinen Job zu machen und gleichzeitig eine Liasion mit der in Beirut lebenden Deutschen Arianna (Hanna Schygulla) am Laufen zu halten. Als er Augenzeuge eines Massakers wird entscheidet er sich nicht mehr nach Deutschland zurückzukehren sondern im Libanon zu bleiben.
Zu Beginn dachte ich mir ja schon noch „Deutsche Filme … Kein Wunder dass die niemand mag, so hölzern wie die Jungs und Mädels da spielen.“ Aber was wie ein ZDF-Fernsehspiel beginnt gewinnt mit dem Beginn der eigentlichen Handlung in Beirut an Drive. Laschen lässt sich durch Beirut treiben, kommt selber in Schusswechsel, muss vor Artilleriebeschuss flüchten, und in einer sehr schönen Szene kommt er mit mehrstündiger Verspätung im Haus von Arianna an, von Kopf bis Fuß verdreckt, der Anzug ruiniert, und meint nur lakonisch, dass es umständlich war herzukommen.
Überhaupt das dargestellte Leben in Beirut. Der Film spielt 1976, ein Jahr vorher hatte der Bürgerkrieg begonnen. Die Altstadt von Beirut, ja die gesamte Innenstadt, galt als No Man’s Land: Nur Ruinen, durch die Straßen ziehende Milizen, ständig irgendwo Schüsse oder Explosionen, Menschen die nach Wasser anstehen und die Straßen nur rennend überqueren, Scharfschützen die alles beharken was noch lebt. Bilder wie aus Berlin 1945 oder Sarajevo 1995. Der Film wurde tatsächlich in Beirut während des Bürgerkriegs gedreht, und es sind keine Kulissen und keine Statisten zu sehen. Schlöndorff erzählt, dass die Milizen ganz begeistert waren in dem Film mitzuspielen. Allerdings haben alle darauf bestanden mit echter Munition zu schießen, weil Platzpatronen die Gewehre kaputtmachen. Das heißt, dass wirklich alles in diesem Film echt ist.
Somit sind die Settings, ist die Stimmung im Film sehr authentisch und beeindruckend, was der Handlung wiederum zugute kommt. Laschen versinkt im Laufe des Filmes im mehr in der Gewalt die ihn umgibt. Während er zu Beginn noch über den Tod eines alten Mannes staunt und philosophiert, ist er spätestens nach dem als Augenzuge erlebten Massaker an moslemischen Zivilisten konsterniert. Er sieht wie Leichen verbrannt werden, und gleichzeitig erlebt er den Geschäftssinn und den Zynismus seiner Kollegen, wenn die Bilder von Opfern als Handelsobjekte gesehen werden und den Status von Fußballsammelbildern haben. Als er, um nicht selber ums Leben zu kommen, einen Mann töten muss, erkennt er wie leicht man sich in einer solchen Umgebung verlieren kann und er entscheidet sich doch nach Deutschland zurückzukehren. Die Hybris ist dann die Szene in der Redaktionskonferenz, wenn er die Bilder des Massakers vorlegt, die Antwort „Beirut, das interessiert doch keinen mehr“ lautet, und er um die Anzahl der verfügbaren Seiten feilschen muss.
Diese Momente sind die stärksten des Filmes, hier kann auch Bruno Ganz glänzen, und hier macht man sich als Zuschauer auch so seine Gedanken über die aktuellen Kriegsspielchen. Leider empfinde ich Ganz in vielen Situationen als glatte Fehlbesetzung, was dem Film natürlich nicht gut tut. Seine stoische Leidensmiene, seine Reserviertheit, auch in Momenten die ihn emotional fordern, da würde ich mir mehr Gefühl und mehr Engagement wünschen. Und wenn er im Bonusmaterial selber erzählt, dass er sich vom Regisseur des Öfteren allein gelassen gefühlt hat, dann ist klar, dass er erheblich mehr Führung gebraucht hätte um die Rolle auch wirklich auszufüllen. Da haben Regisseur und Schauspieler wohl nicht so ganz zusammengepasst. Wie wohltuend wirkt daneben Hanna Schygulla, die ihre Rolle fühlt, lebt, und geradezu somnambul durch die zerstörte Stadt schwebt. Laut Bonusmaterial der DVD ist Hanna Schygulla nach Abschluss der Dreharbeiten noch einige Zeit in Beirut geblieben, und diese Verbundenheit ist auch deutlich zu spüren, was bei Bruno Ganz aber leider gar nicht zutrifft. Seine Entscheidung in Beirut zu bleiben ist schauspielerisch nicht nachzuvollziehen, das Unbehagen über den Aufenthalt in Beirut ist in fast jeder Minute zu spüren.
Fazit: Ein starker Anti-Kriegsfilm, der nicht mit übertriebenen Greueltaten zu punkten versucht, sondern die Entmenschlichung des Krieges anhand der Entwicklung des Protagonisten darstellt, dabei aber nicht vergisst dass ein Film auch unterhalten muss. Der Film ist definitiv keine Kopfgeburt, und damit auf jeden Fall sehenswert.