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"Scheiss Krieg !" - Unter diesem gemeinsamen Nenner könnte man den zweiten Teil der "08/15"-Trilogie problemlos zusammenfassen. Und es ist davon auszugehen, dass damit jedem Betrachter (oder Leser) aus dem Herzen gesprochen wurde.

Kirst versetzt die Einheit mit den im ersten Teil bekannt gewordenen Darstellern an den unwirtlichsten Ort, den man sich vorstellen kann - an die Ostfront im eisigen Winter 1941. Asch (Joachim Fuchsberger) wurde inzwischen zum Wachtmeister (Feldwebel) befördert und kann seine Meinung damit noch besser durchsetzen. Auch seine Freunde Vierbein (Paul Bösiger) und Koslowski (Peter Carsten) teilen sein Schicksal, während einzig der schon in Teil 1durch seine mit Unfähigkeit gepaarte Selbstüberschätzung aufgefallene Hauptfeldwebel (inzwischen Oberleutnant) Schulz (Emmerich Schrenk) in der Heimat geblieben ist, um als Ausbilder für soldatischen Nachschub zu sorgen.

Betrachtet man die Art wie Kirst hier den Krieg inszeniert, überrascht die Vermeidung jeglicher Heldenverklärung. "08/15 - Zweiter Teil" verfügt nahezu prototypisch über die Konsequenz eines Anti-Kriegfilms. Die Soldaten, die sich in einem sinnlosen Grabenkrieg inmitten des russischen Winters befinden, haben jegliche Lust am Kampf verloren. Auch Oberstleutnant von Plönnies (O.E.Hasse) sieht keinen Sinn darin, seine Leute für irgendwelche waghalsigen Unternehmen zu opfern, sondern überlegt viel mehr, wie sie sich aus ihrer Position wieder in eine sicherere Stellung zurückziehen können.

Den Männern an der Front ist jede soldatische Attitüde verloren gegangen. Während Von Plönnies mit geöffnetem Revers am liebsten französischen Chansons lauscht, beschäftigen sich Asch und seine Batterie mit einer ausgewogenen Ernährung, für die sich vor allem der ehemalige Schleifer aus Teil 1, Wachtmeister Platzek (Hans Christian Blech), als ausgezeichneter Organisator bewährt. Körperpflege und korrekte Uniformen haben ebenso an Bedeutung verloren, wie kein böses Wort gegenüber dem Feind aus ihrem Mund kommt. Im Gegenteil überlegt in einer späteren Szene Von Plönnies, dass er als Befehlshaber der Gegenseite in einer solchen Situation hätte Schiessen lassen. Als in diesem Moment tatsächlich Schüsse zu hören sind, sieht man einen kurzen Moment der Anerkennung auf seinem Gesicht.

Spannung kommt in diese "geschlossene Gesellschaft", als ein neuer Hauptmann Aschs Batterie übernehmen soll. Ganz deutlich macht Kirst mit der Figur des Hauptmann Witterer (Rolf Kutschera), der den Frontsoldaten von Berlin aus aufgedrückt wurde, die Diskrepanz zwischen den kämpfenden Truppen und den daheim gebliebenen Theoretikern, die noch Flausen von der Weltherrschaft im Kopf haben und daran interessiert sind, einen Orden an die Brust geheftet zu bekommen.

Diese Konstellation betont Kirst noch mit einer Nebenstory, in der Unteroffizier Vierbein in seine Heimat-Kaserne geschickt wird, um Nachschub für die Fernmelder zu organisieren. Man könnte meinen, dass Vierbein inzwischen über genügend Reputation verfügt, aber zu Hause gerät er wieder in die Opferrolle. Weder kann es Oberleutnant Schulz unterlassen, ihn wieder zu schikanieren, noch ist die von ihm geliebte Ingrid in der Lage, sensibel auf den Heimkehrer zu reagieren. In Deutschland läuft alles noch im alten Trott und angesichts der Tatsachen an der Front, wirkt diese Geschäftigkeit regelrecht lächerlich. Es erstaunt nicht, dass Vierbein so schnell wie möglich wieder zu seinen Kameraden in den russischen Winter zurück will. Damit betont Kirst noch stärker als im ersten Teil die Opferrolle der Soldaten, die mehrfach als Menschenmaterial oder Kanonenfutter bezeichnet werden.

Doch nicht nur die lakonische, unheroische Schilderung der Situation an der Front war 1955 für einen populären Film geradezu revolutionär, sondern auch die gezeigte Moral der Soldaten. Überraschte schon im ersten Teil die offenkundige Promiskuität der Beteiligten, ging Kirst hier noch einen Schritt weiter. Nicht nur, dass sich die Offiziere bewusst ihre Liebschaften organisierten (was dem unsympathischen Hauptmann Witterer nichts hilft), sondern auch für die Mannschaft war es selbstverständlich, dass Gelegenheiten genutzt wurden. Die Szene, in der drei Damen zum Vergnügen der Soldaten auf der Bühne tanzen und singen, ähnelt stark dem Abschluss von Kubricks "Wege zum Ruhm", nur das Kirst noch die Selbstverständlichkeit schildert, mit der die Aktricen danach Denjenigen zur Verfügung standen, die sich als Erste darum bewarben.

In diesem Zusammenhang erkennt man auch die Veränderung in der Rolle des Asch, der im zweiten Teil weniger im Mittelpunkt steht. Während Fuchsberger in "08/15" noch den Helden gab, der auch soldatisch was drauf hatte, überzeugt er an der Front vor allem mit Widerspruchsgeist. Besonders auffällig ist an seiner Rolle, dass er sich moralisch nicht mehr von seiner Umgebung abhebt. Obwohl der Film kurz zuvor noch seine Frau Lisa zeigt, die ihr gemeinsames Kind im Kinderwagen spazieren fährt, ist Asch einer der Ersten, der einer anderen Frau in die Arme fällt. Diese an Deutlichkeit nicht zu übertreffende Konstellation steht bis heute im Widerspruch zu jeder üblichen Art der Charakterisierung eines Hauptdarstellers und verdeutlicht Kirsts Mut zu Authentizität.

Das "08/15 - Zweiter Teil" nie den Einzug in die Reihe der "Anti-Kriegsfilme" fand, ist angesichts einer Inszenierung, die nur wenige völlig unheroische Kampfhandlungen zeigt und stattdessen die Sinnlosigkeit des Krieges demonstriert, erstaunlich. Dazu beigetragen hat sicherlich die zeitgenössische Kritik, die vor allem den komödiantischen Charakter des Films hervorhob, welcher durch das ernste Ende nicht genügend aufgehoben worden wäre.

Das viele Szenen damals als vulgär und komödiantisch angesehen wurden, ist dem Zeitgeist geschuldet, der das dort geschilderte Verhalten der Soldaten so einordnen wollte, als das er es als real akzeptierten konnte. Denn im Gegensatz zum ersten Teil vermitteln diese Szenen keinen Witz und "Abenteuerlust", sondern den Versuch, die Umgebung und Situation zu vergessen. Gerade die Absurdität, sich so an der Front zu verhalten, macht erst die Unwirklichkeit der Situation deutlich und die extreme Diskrepanz zu den politisch formulierten Zielen.

Doch der Hauptgrund für die fehlende Anerkennung des zweiten Teils liegt in der mangelnden Selbstkritik der Armee. Wie schon im ersten Film scheint es keine Verbindungen zum Nationalsozialismus und dessen Ideen zu geben. Der gesamte Krieg scheint für fast alle Armeeangehörigen von Beginn an ein wahnsinniges und sinnloses Unterfangen gewesen zu sein, zu dem sie gezwungen wurden. Trotz dieser offensichtlichen Verharmlosung, die selbstverständlich auch kein Kriegsverbrechen der Wehrmacht erwähnt, ist "08/15 - Zweiter Teil" ein erstaunlich mutiger und innovativer Film, der nur den kleinen Nachteil hat, dass er von den Deutschen selbst gedreht wurde (7,5/10).

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