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Basierend auf den ausgeschmückten Ausführungen von William Buehler Seabrook in seinem 1929 erschienenen THE MAGIC ISLAND (in Deutschland als GEHEIMNISVOLLES HAITI. RÄTSEL UND SYMBOLIK DES WODU-KULTES erschienen), worin seine Erlebnisse auf Haiti geschildert sind, inszenierte Victor Halperin 1932, auf Basis des erarbeiteten Drehbuchs von Garnett Weston, WHITE ZOMBIE und schuf so den Archetyp des klassischen Zombies unter den Fittichen des charismatischen Bela Lugosi als Magier Legendre.

Der Plantagenbesitzer Charles Beaumont lädt Madeline und ihren Verlobten Charles in sein Haus auf Haiti ein, damit sie dort heiraten können. Dies ist allerdings keine uneigennützige Geste, denn Mr. Beaumont ist in Madeline verliebt und möchte sie für sich gewinnen. Er bittet den zwielichtigen Zuckermühlenbetreiber Legendre um Hilfe, der die magischen Praktiken der Zombiefizierung beherrscht. Er hilft dabei, Madeline zu verwandeln, hintergeht Beaumont aber auch zu Gunsten eigener Interessen…

Beinahe alle Begrifflichkeiten des Zombieuniversums tauchen hier bereits auf: „Zombies“, „the walking dead“, „the living dead“, „Ghouls“. Sie sind magisch vernebelte Arbeitssklaven, die willenlos jede Arbeit und Aufgabe erfüllen – bis hin zum Mord. Wie geistig abwesend die Kreaturen sind, wird in der beeindruckenden Zuckermühlen-Sequenz gezeigt, in welcher einer der Zombies in die Mühle stürzt und von den anderen, welche die Mühle antreiben, in stoischer Gelassenheit und ohne erkennbare Notiz davon zu nehmen zermahlen wird. Horror pur!

Im Kern manifestiert der Film das Sehen und die Macht des Sehens als wichtigstes Motiv und findet hierfür beeindruckende Symbole, wie den stetig wiederkehrenden, hypnotischen Blick des Magiers und einige Point of View-Einstellungen (bspw. aus der Perspektive von Silver, dem Buttler, der vom Magier Kraft seiner Blicke am Einschreiten gehindert wird und langsam in vernebelte Starre verfällt). Das Sehen im Medium des Films als Aufforderung zum Hinterfragen aber auch als Zeichen von Macht ist bemerkenswert kontextualisiert und reicht den Auftrag zur Interpretation des Films und des eigenen Sehverhaltens an den Zuschauer weiter – speziell im Hinblick auf das bemerkenswerte, sicherlich auch schockierende Ende dürfte dies eine interessante Geste sein.

Handwerklich wird diese gut erzählte, im Duktus durch und durch klassische Gruselgeschichte durch einige beeindruckende Matte-Paintings für die Innen- und Außenaufnahmen vom Schloss unterstützt (obwohl die Existenz der gotisch hohen Felsenfestung auf der karibischen Insel etwas befremdlich wirkt) sowie durch die wirklich sehr stark überlagerte Splitscreen-Aufnahme, welche Sehnsucht und Verzweiflung der Liebenden zusammenführt, die sich sehr nah und doch so fern sind. Auch andernorts findet der Film immer wieder ebenso befremdliche wie bemerkenswerte und gruselige Bilder. So sei explizit die mysteriöse Beerdigung mitten auf der Straße angemerkt, mit der der Film eröffnet. Zusammen mit den Protagonisten erfährt hier auch der Rezipient, dass er nun eine merkwürdige neue Welt betritt und mit einem Kulturkreis konfrontiert wird, der einer inneren Logik folgt, die uns mitunter verschlossen bleibt. Bisweilen kommt der Film auch sehr brutal daher und spart keine entsetzlichen Details aus. Das vermag heute niemanden mehr zu schocken, dürfte im Zeitkontext aber durchaus für ernstzunehmenden Schrecken gesorgt haben (hierbei sei besonders, ohne wichtige Details zu nennen, auf das große Finale verwiesen).

So ist WHITE ZOMBIE zu Recht als Klassiker, sowohl des Grusel- und Horrorfilms per se, als auch – und dies ganz besonders – des Subgenres des Zombiefilms zu bezeichnen, ist er doch in seiner kurzen aber intensiven Laufzeit absolut bemerkenswert. Leider vermochte Victor Halperin an diesen Erfolg im neuen Genre nicht anzuschließen. Sein 1936 erschienener DIE REVOLTE DER ZOMBIES (REVOLT OF THE ZOMBIES, USA 1936, Regie: Victor Halperin) ist schlicht als vergessenswürdiger Blödsinn zu bezeichnen. Die Etablierung eines neuen Formenkanons für ein sich nun zunehmend ausprägendes Subgenre ist ihm dennoch mit Hochachtung anzurechnen.

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