Antigang (Kurz und schmerzlos Teil 28)
Irgendwie scheint jeder mal ein bisschen „Heat" spielen zu wollen. Vor allem die minutenlange Schnellfeuerwaffen-Ballerei am hellichten Tag im Zentrum von L.A. übt offenbar eine magische Nachahmungs-Faszination aus. Dazu braucht man dann nur noch einen Trupp Terrier-Cops mit extra bissigem Leitwolf, der sich auf einen besonders cleveren Gangster eingeschossen hat. Mit „The Crime" (im Original „the Sweeney") haben die Briten ihren Ableger schon gedreht, jetzt legen die Franzosen mit „Antigang" nach.
Den Sondereinheit-Rudelführer Serge Buren gibt, wie sollte es auch anders sein, Jean Reno. Und das passt. Er bringt die nötige Mischung aus Härte, Abgeklärtheit, Melancholie und auf Autoritäten pfeifenden Individualismus mit. Genau wie sein englisches Pendant Ray Winstone hat auch er ein Techtelmechtel mit einer deutlich jüngeren und deutlich attraktiveren Kollegin, die auch noch ganz zufällig die Gattin seines humorlosen Bürokraten-Chefs ist. Ex-Bondgirl Caterina Murino könnte zwar trotz ihrer fast 40 Lenze auch als Reno´s Enkelin durchgehen, aber der Gehörnte ist schon ein waschechtes Paragraphen-Arschloch.
Auch sonst ist "Antigang" eine einzige Déjà-Vu-Nummernrevue. Auch hier jagen die bösen Cops noch bösere Buben unter fröhlicher Ignoranz lästiger Dienstvorschriften - gerne auch mal mit Baseballschlägern - durch die Landeshauptstadt. Das geht natürlich nicht ohne Verluste ab, zumal man mit dem skrupellosen Bankräuber Kasper (Jakob Cedergren) auf einen alten Bekannten trifft, der es in Sachen Härte und Brutalität problemlos mit Buren´s Team aufnehmen kann. Also gibt es auch wieder den guten alten „Heat"-Moment, der ein Pariser Bankenviertel in ein bleihaltiges Kriegsgebiet verwandelt. Und selbstredend stellt sich Buren´s archaische Art der Verbrechensbekämpfung am Ende als einzig Richtige heraus und die vorübergehende Auflösung der Brachial-Truppe als Kapitalfehler.
Das ist blitzsauberes Genrekino mit Wucht und Schmackes. Wären da nicht die unwitzigen Frotzeleien zwischen den Polizisten-Kumpeln, ein paar arg grobe Logik-Kröten im dritten Akt sowie das am Ende doch zu penetrante Abkupfern von „The Crime", dann wäre das Vergnügen exklusiver und nachhaltiger. Und um als Frankreichs Antwort auf Michael Mann durchzugehen, muss Benjamin Rocher schon noch ein wenig üben. Trotzdem blickt man mit einem zwischen Neid und Bewunderung schwankenden Gefühl auf das Nachbarland, das solche Action-Happen mehr oder weniger mühelos aus dem Ärmel schüttelt.
Fazit:
Französische Variante des britischen „Heat"-Gedächtnis-Thrillers „The Crime", die lediglich Schauspielpersonal und Schauplatz austauscht. Originalität geht anders, aber der kernige Jean Reno und ein durchweg ruppiger Grundton reißen einiges raus.