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„Ballermännerparty für (im Alter) Fortgeschrittene - eine Klasse für sich"

Wenn ein Klassentreffen nach über 20 Jahren so viel Spaß macht, dann wäre es doch ein Jammer auf das Nächste ebenso lang zu warten. Zumal man ja auch nicht jünger wird und schließlich nicht per Rollstuhl oder Krückstock einlaufen möchte. Schließlich handelt es sich bei dieser besonderen Klasse größtenteils um nicht mehr ganz so taufrische Exemplare, bei denen sich die Masse zwischen dem 6. und 7. Lebensjahrzehnt tummelt.

Vor zwei Jahren hat Klassensprecher Sylvester Stallone erstmals eine illustre Riege ehemaliger Kollegen/Rivalen zu einer launigen Action-Sause zusammen getrommelt und dabei auch gleich noch die Klassenleitung übernommen. Dabei wurde folgenden Schüler- und Lehrergenerationen ganz unverkrampft mal vor Augen geführt, warum der Spruch „Früher war alles besser" zumindest für das Actionkino nicht völlig aus der bleihaltigen Luft gegriffen ist. Ob es am Ende allerdings dann doch eher einstige Mitschüler der angegrauten Recken waren, die in nostalgischer Wehmut schwelgend der kompromisslosen Ballerparty zu einem solchen Erfolg verholfen haben, ist letztlich Kampfjacke wie Tarnhose. Für eine Wiederholungsfeier war jedenfalls genügend Nachfrage vorhanden.

The Expendables 2 folgt dann konsequenterweise auch genau denselben Arrangements wie die Ursprungsfeier, nur dass man es geschafft hat noch ein paar mehr ehemalige Banknachbarn in der Direct-to-DVD-Einöde aufzuspüren. Darüber dürfte sich vor allem der belgische Austauschschüler Jean-Claude van Damme gefreut haben, schließlich durfte er nach einer gefühlten Ewigkeit mal wieder die Luft der großen weiten Leinwand schnuppern. Noch extremer war der Kontrast vermutlich für Chuck Norris, der sich bereits im filmischen Ruhestand befunden und es sich in seinem neuen Ruhm als Internet-Karikatur und Sprüchelieferant gemütlich gemacht hatte. Beide heizen jedenfalls mit ihren jeweiligen Einlagen (der eine als Bad Guy, der andere als explosiver Überraschungsgast) die Partystimmung gekonnt an und strafen ihre vermeintliche Entbehrlichkeit bei der ersten Wiedersehensfeier überzeugend Lügen.

Ansonsten ist alles wie gehabt. Es wird geballert, geprügelt und gekalauert was die alten Pumpen hergeben. Dabei bleibt garantiert kein Fanauge trocken und kein Filmgegner länger als 3 Sekunden am Leben. Gefangene werden aus Prinzip keine gemacht. Und was sich sonst so an Kriegsgerät, Fahrzeugen oder natürlichen Hindernissen in den Weg stellt, wird laut krachend in seine Einzelteile zerlegt. Das ist weder politisch korrekt, noch intellektuell stimulierend und das ist auch besser so. Schließlich haben wir hier keine Klasse von Feingeistern oder Weltverbesserern.
Die vom Klassenleiter Stallone alias Barney Ross verkündeten übergeordneten Lernziele lauten: „Suchen, Finden, Töten!" Und in dieser Hinsicht erweisen sich Jason Statham, Terry Crews, Randy Couture, Dolph Lundgren und Jet Li erneut als Musterschüler, die ihre Hausaufgaben gewissenhaft und sorgfältigst erlegt haben. Gut, ein, zwei Emotiönchen werden auch gezeigt, aber nur wenn man mal gerade so gar nichts zu tun hat, soll heißen der Gegner mal eine Feuerpause anbietet, oder man zum nächsten Schusswechsel unterwegs ist. Wenn überhaupt, dann gibt man sich nur der Rache hin, bewegt man sich da doch wieder auf gewohntem Terrain des oben beschriebenen Lehrplans.

Sylvester Stallone hat die Regie der Wiederholungsparty diesmal seinem Kollegen Simon West überlassen, der seinem Ruf als erfahrener Action-Pädagoge durchaus gerecht wird. Im Inszenierungsstil folgt er der Linie seines Vorgängers, so dass auch hier Kontinuität herrscht. Das nicht sonderlich originelle oder gar komplexe Script stellt allerdings auch keine großen Anforderungen und lässt mehr als genug Spielraum sich auf die drei wesentlichen Aspekte der Zusammenkunft zu konzentrieren: Action, Action und äh Action.
So sehr West sein Handwerk dabei versteht, so sehr gerät er allerdings ins Straucheln, wenn mal nicht geschossen, gerauft und in die Luft gesprengt wird. Die ihm anvertrauten Schüler haben sich abseits der Praxis nicht allzu viel Profundes mitzuteilen und West fällt visuell oder atmosphärisch nur wenig ein, um dieses Manko zu übertünchen.

Das mag teilweise auch am gewählten Veranstaltungsort Bulgarien liegen, denn das triste grau-trübe Setting des ehemaligen Ostblock-Staates sorgt nicht gerade für optischen Hoch(glanz)genuß. Andererseits passt es auch wieder irgendwie zum knittrigen Look der angegrauten Söldnerklasse und kann durchaus ebenso als selbtsironischer Seitenhieb auf das inzwischen (aus der Finanznot geborene) bevorzugte Setting vieler ehemaliger Mitstreiter verstanden werden. Vor allem die Idee einen Teil der Party in einem ehemaligen Trainingsgelände sowjetischer Truppen - bestehend aus einem typischen, amerikanischen Straßenzug der 1980er Jahre - abhalten zu lassen, ist eine gelungene, weil wehmütige Reminiszenz an die Glanzzeit der Entbehrlichen.

Am Ende sorgt auch das zweite Klassentreffen ehemaliger Actiongrößen wieder für jede Menge Spaß. So gesehen ist es wenig überraschend, dass noch nicht in der DVD-Versenkung Verschwundene Aktive wie Bruce Willis sowie der aktuelle Klassenprimus Jason Statham erneut beherzt mitfeiern und - zumindest im Falle Letzteren - eine ordentliche Brise „jugendliche" Frische in die schießfreudige Rentnerparty blasen.  
In diesem Sinne können wir uns rundheraus auf ein drittes Stelldichein der Klasse von 81-95 freuen, dann vielleicht auch mit dem einst der Schule verwiesenen Aikido-Meister Steven S. Schließlich sind die rebellischsten Schüler oft die, an die man sich am nachhaltigsten erinnert.

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