Review

Onibaba - Die Töterinnen (was für eine scheißgenialer deutscher Titel) wurde 1964 von Kaneto Shindo gedreht. Der Titel ist dabei eine Zusammensetzung aus den japanischen Worten oni (Dämon) und baba (Frau), weswegen ein passenderer deutscher Titel wohl "Die Dämonenfrau" gewesen wäre. Der Film erschien hier zu Lande in 2 Fassungen, da hier zu Lande damals noch hier zu Landen gewesen ist. Deswegen gibt es nun eine DDR- und eine BRD-Fassung. Ich habe beide gesehen und kann sagen, der einzige Unterschied, der mir aufgefallen ist, war der, dass bei der BRD-Fassung die Namen im Vorspann fehlten. Der Zeitunterschied beträgt dabei gerade einmal 10 Sekunden (in den Versionen auf der Filmjuwelen-Veröffentlichung). Der Cast ist mit gerade einmal 7 Figuren sehr klein. 2 davon werden namentlich nirgendwo genannt, nehmen aber auch nur sehr kleine Rollen ein.

Zu Beginn sehen wir die namenlosen Hauptfiguren, Mutter und Schwiegertochter (gespielt von Nobuko Otowa und Jitsuko Yoshimura) wie sie durch ein großes Hirsefeld rennen und zwei Männer töten. Wir befinden uns irgendwo im Japan des vierzehnten Jahrhunderts. Das Land befindet sich in einem anhaltenden Bürgerkrieg. Die beiden Männer sind geflohene Soldaten, die nun von den Frauen ausgenommen und in ein tiefes Loch mitten im Feld geworfen werden. Die Sachen tauschen sie beim Händler Ushi, gespielt von Taiji Tonoyama (in der deutschen Synchro heist er übrigens Iso) gegen Essen ein. Eines Abends kommt ein Mann zu ihrer Hütte im Feld, bei dem es sich um Hachi, dargestellt durch Kei Sato (im deutschen Yoshio genannt) handelt. Er ist ihr ehemaliger Nachbar, der mit Kusonoki (dem Sohn/Ehemann der beiden) in den Krieg ziehen musste. Von ihm erfahren sie, dass sie zusammen geflüchtet sind und Kusonoki von einem wütenden Bauernmopp totgeschlagen wurde, nachdem sie Essen stehlen wollten. Er bekommt mit, wie sich die beiden ihr Essen beschaffen und hilft ihnen sogar beim Töten zweier weiterer Samurei. Außerdem zieht er in seine alte Hütte, nicht weit entfernt von der, der beiden Frauen und fängt im weiteren Verlauf ein Verhältnis mit der Schwiegertochter an. Es gibt hier übrigens sehr viel nackte Haut zu sehen. Sowohl von den beiden Frauen, als auch von Hachi.

Der Wendepunkt kommt, als die Mutter erfährt, was vor sich geht. Sie missbilligt die Verbindung. Sie fürchtet nun um ihre nackte Existenz, da sie sicher ist, dass die Schwiegertochter gehen und sie allein lassen wird, weswegen sie laut eigener Aussage sterben muss, da sie alleine keine Männer mehr töten kann. Dass vielleicht auch eine gewisse Form von Eifersucht mitspielen könnte, merkt man, als sie nach der Entdeckung davonrennt und ihren Unterleib lasziv an einem Baumstamm reibt. Sie bietet sogar Hachi an mit ihr zu schalfen, anstatt ihrer Schwiegertochter. Dieser lehnt sie jedoch ab, da sie zu alt wäre. Fun-Fact! Otowa war damals gerade 35 Jahre alt, aber für die Verhältnisse des vierzehnten Jahrhunderts in Japan, war das wohl schon Urgestein. Nach und nach kommt es zum Zwist zwischen den Frauen, da die Mutter immer häufiger mitbekommt, wie sich die junge Dame nachts rausschleicht, um mit Hachi zu schlafen. Sie versucht dies durch Überwachung und Kontrolle zu verhindern, doch es gelingt ihr nicht. Selbst eine Rede darüber, dass sie für ihr Verhalten in die Hölle kommen wird, weil es gegen das geht, was Buddha sagt (was klingt als hätte man den ganzen Dialog im Deutschen weitestgehend umgestaltet, damit es zum christlichen Galuben passt, mit der Außnahme, dass es statt Gott eben Buddha heist) helfen nicht.

Eines nachts, als sie wieder allein in ihrer Hütte ist, kommt ein maskierter Samurei vorbei, der nach dem Weg, raus aus dem Hirsefeld sucht. Er muss die Mutter erst bedrohen, damit sie spurt, doch sie führt in durchs Feld. Dabei kommt es zum Streit und sie führt ihn direkt ins Loch. Er fällt und stirbt. Die Mutter steigt hinab und nimmt die Sachen des Samurei an sich. Dabei stellt sie fest, dass sein Gesicht unter der Maske entstellt ist. Am nächsten Abend will sie die Sachen zu Ushi bringen und lässt die Schwiegertochter alleine. Die will zu Hachi, hat im Feld aber eine schreckliche Begegnung mit einem Dämon. Am nächsten Tag dasselbe. Am dritten Tag tobt ein Sturm. Auch dort begegnet sie dem Dämon und flieht. Sie trifft auf Hachi, mit dem sie sofort Sex hat. Im Hirsefeld. Bei Nacht. Im Sturm. Ich glaube an dieser Stelle ist es angebracht auchmal Hachis Notgeilheit anzubringen, die bsiweilen seltsame Auswüchse hat. Als er die Schwiegertochter noch angebaggert und ihr im Abgang auf den wackelnden Hintern geschaut hat, ist er im Anschluss wie ein bekloppter durchs Feld gerannt und hat sich wie tollwütig herumgeworfen. Ähnliches passiert nach der ersten Nacht, in der die Schwiegertochter nicht vorbeikommt. Diese Szenen haben mich, wegen ihrer comichaften Übertriebenheit, immer wieder daran zweifeln lassen, ob ich nicht gerade doch einen alten Klamaukfilm von Buster Keaton schaue.

Grob 80 Prozent der bis hier beschriebenen Handlung kann man übrigens der Zusammenfassung auf dem Back-Cover der DVD entnehmen.

Die Mutter bekommt dieses Treiben mit, welches über 600 Jahre später vermutlich vom japanischen Jürgen Drewes als "Mein Bett im Hirsefeld" besungen wird. Die Schwiegertochter kommt danach wieder heim und findet den Dämon in ihrer Hütte vor, der ihr gesteht, dass es sich bei ihm um die Mutter handelt, welche die Maske nicht mehr abbekommt. Nach dem Versprechen sie und Hachi in Ruhe zu lassen, hilft sie ihr mit Gewalt, die Maske abzuziehen, unter der eine entstellte Fratze zum vorschein kommt. Der Film endet damit, wie die Schwiegertochter vor der Mutter ins Hirsefeld flieht und über das Loch springt. Ob die Mutter eventuell hineinfällt ist nicht zu sehen.

Wie der Film zu Beginn hinweist, basiert er auf einer Buddhistischen Fabel. Leider kenne ich diese nicht, aber es geht ja um den Film. Dieser zeichnet ein sehr düsteres Bild der Gesellschaft im Krieg. Schon zu Beginn sind die beiden Faruen so weit getrieben von ihrer Existenzangst, dass sie töten und Leichen fleddern, um zu überleben. Auch Hachi lässt in der Geschichte um Kusonoki durchblicken, dass sie sich eventuell sogar kannibalistisch betätigen mussten, um zu überleben. Dass ohne die Rückkehr des Sohn und Gatten, sich nichts an ihrer Situation ändern wird, ist der erste große Schritt auf dem Weg zum kompletten seelischen Verfall der Mutter, was übergreifendes Thema des Films ist. Durch die Aussicht, auch noch die Schwiegertochter zu verlieren, ist die Angst vor dem gänzlichen Verlust ihres Platzes in der Gesellschaft (und damit auch im Leben) weiteres Triebmittel, dieses Kurses. Beim Schauen habe ich mich lange Zeit gefragt, ob ich nicht doch eine Art Kriegsdrama vor mir habe, bis mir klar wurde, dass gerade diese Degeneration der wahre Horror ist. Schon vom Anfang an haben wir hier zwei Figuren, die wörtlich über Leichen gehen, um am Leben zu bleiben, aber wenigstens im Zusammenhalt noch eine Form von Menschlichkeit zeigen. Diese wird der Mutter mehr und mehr genommen, bis sich das Karma an ihr rächt. Sei es nun ein Fluch, oder eine Krankheit, die sich durch die Dämonenmaske des Samurei auf sie übertragen hat.

Die Vollendung der Dystopie, die Shindo hier zeichnet folgt, als Hachi nach der stürmischen Nacht in seine Hütte kommt und dort von einer alten Frau, die sich über sein Essen hermachen wollte, getötet wird. In dieser Welt haben nicht einmal die Schlechten und Opportunisten eine Chance. Diese Faru ist eine der beiden nicht gelisteten Figuren. Die andere ist eine Frau bei Ushi, die einfach nackt in seiner Hütte rumliegt und nur von hinten zu sehen ist, wobei ich mich anfangs gefragt hab, ob das seine Frau, Tochter, Sexsklavin (vielleicht auch alles auf einmal) ist, bis mir auffiel, dass sie sich gar nicht bewegt. Vielleicht hat sie ja irgendwer totgeschlagen und bei Ushi gegen 2 Sack Reis eingetauscht. Wer bessere Theorien zu bieten hat, kann gerne einen Kommentar schreiben.Auch geht es um die Altlast der vergangenen Generationen, die in Form der Mutter lieber die ihr folgenden in den Abgrund reist und die Doppelmoral der Religion, da die Mutter der Schwiegertochter androht, sie würde in die Hölle kommen, für ihre Unzucht, docht trotz der vielen Morde keinen Markel an sich selbst sieht.

Inszenatorisch, schauspielerisch und vor allem von der Stimmung und den Themen ist Onibaba ein fantastisch umgesetzter Film. Vom technischen Standpunkt her, leider nicht ganz. In ein paar Szenen wackelt das Bild leicht, was etwas störend ist, wenn es einem erstmal auffällt. In einer Szene, in der die Mutter (oder war es Hachi?) durch das Feld zur Hütte läuft, wechselt die Szenerie mehrmals zwischen Tag und Nacht, was man am abwechselnd hell und dunklen Himmel im Hintergrund sehen kann. Auch ist der Schnitt manchmal sehr irritierend. So sieht man in einer Szene die beiden Frauen unten rechts im Bild, wie sie plötzlich nach oben links schauen, als wäre dort jemand und dann gibt es einen harten Schnitt und wir sehen von weitem eine Person oben links im Bild, die über einen Hügel kommt, bei der es sich jedoch um die Schwiegertochter handelt. Nur so als Beispiel. Darum leider keine Top-Wertung. Dennoch ein sehr empfehlenswerter Horrorfilm der japanischen Schwarz-Weiß-Ära, vor allem für jeden, der starke Charakterentwicklungen und Konflikte mag.

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