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Alex Stapletons Dokumentarfilm „Ufos, Sex und Monster - Das wilde Kino des Roger Corman“ aus dem Jahre 2011 ist eine grundsätzlich gelungene Hommage an den US-amerikanischen Regisseur, Produzenten und „King of B-Movies“ Roger Corman, dem 2010 mit dem Ehren-Oscar für sein Lebenswerk späte Ehre zuteilwurde. Corman drehte wie ein Besessener mit äußert kargen Mitteln zahlreiche Low-Budget-Filme, dabei gerne sog. „Drive-In-Movies“, Monster- und Science-Fiction-Filmchen fürs Autokino, aber auch Actionreißer, Bikerfilme und vieles mehr, was der Exploitation-Bereich so hergab. Schauspielern wie Jack Nicholson, Dennis Hopper und Robert De Niro gab er eine Chance, die diese nutzten und sich heutzutage großer Berühmtheit erfreuen. Sie nutzten die Arbeiten für Pfennigfuchser Corman, der sich damit rühmt, mit seinen Unterhaltungsfilmen nie einen Cent verloren zu haben, ebenso als Sprungbrett für ihre Hollywood-Karriere wie Regisseure wie Francis Ford Coppola oder Martin Scorsese, denen Corman Vertrauen schenkte und ihnen Aufträge seiner selbstgegründeten Produktionsfirma „New World Pictures“ gab. Corman schuf damit ein Independent-Film-Imperium, das manch kruden B-Klassiker hervorbrachte, bekam aber auch von der „seriösen“ Kritik Zuspruch für seine Edgar-Allan-Poe-Verfilmungen mit Vincent Price, die von erstaunlicher Klasse waren und sind.

All dies zeigt dieser Dokumentarfilm, der viel mit Filmausschnitten und aktuellen wie älteren Corman-O-Tönen, auch seines Bruders, arbeitet. Auch Joe Dante, Martin Scorsese, Jack Nicholson und andere, die Cormans Laufbahn gekreuzt haben, kommen zu Wort, ebenso später seine Frau, mit der er bei „New World Pictures“ zusammenarbeitet. Die Herangehensweise ist grundsätzlich ehrfurchts- und respektvoll, dabei jedoch auch locker und selbstironisch. Relativ ausführlich wird beleuchtet, dass ausgerechnet sein quasi einziger Non-Exploiter „Weißer Terror“, ein Film mit dem weitergehenden Anspruch, US-amerikanischen Rassismus zu kritisieren, finanziell floppte und dabei eine kritische Position dem damaligen Filmmarkt und seinen Konsumenten gegenüber eingenommen. Hervorzuheben ist auch, dass man Corman hinsichtlich des in vielen seiner Filme enthaltenen, sozialkritischen Subtexts zu Wort kommen ließ, denn Exploitation-Unterhaltungskino und eine intelligente Aussage müssen sich keinesfalls ausschließen. Im Gegenteil, diese Art Filme bergen häufig ein ungeheures kreatives Potential, insbesondere, wenn man wie Corman es tat sich junge Talente austoben lässt und ihnen Raum zur Improvisation gewährt – solange alles im enggesteckten Budget bleibt, versteht sich.

Die größte Provokation dieses Dokumentarfilms ist mit Sicherheit die missbilligende Betrachtung des „Blockbuster“-Kinos, ein Film wie „Star Wars“ kommt hier alles andere als gut weg. Eine differenzierte Betrachtungsweise ist natürlich etwas anderes als das, was hier praktiziert wurde, als frechen, oppositionellen Denkanstoß habe ich mich aber über diese deutlichen Worte gefreut. Eher unkritisch verhält sich Stapleton hingegen gegenüber den Gurken in Cormans Œuvre, die es neben den naiven, aber bestimmt charmanten Trashfilmchen seiner Anfangstage mit Sicherheit auch später gegeben haben wird. Generell wird kaum auf Corman’sche Produktionen ab den glorreichen 80er-Jahren eingegangen, unter denen sich manch unbedingter Kultfilm befindet. Es scheint, als hätte man sich, was die Laufzeit der Dokumentation betrifft, etwas vergaloppiert, so dass hierfür schlicht kein Platz mehr übrig war.

Das ist schade, ändert aber nichts daran, dass „Ufos, Sex und Monster - Das wilde Kino des Roger Corman“ ein spannendes Portrait eines äußerlich hochseriös und zurückhaltend (um nicht „spießig“ zu sagen) wirkenden Mannes ist, in dem aber die abgefahrensten Ideen brodeln und der mit Improvisationsgeschick, Kreativität und Geschäftssinn zum Macher-Typen, zum Vorbild und zur Ikone des Drive-In-, Exploitation- und Genrekinos wurde, an das Alex Stapleton hiermit eine Liebeserklärung richtet.

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