Achtung, Spoiler inside!
Ach Leute, ich habe ja so gelitten im Kino und ich wollte, ich könnte sagen, es wäre wegen des expliziten Themas gewesen, aber leider resulitierte es aus dem Gesamteindruck und der ist eindeutig scheiße.
Jaja, ich weiß, endlich ein Thriller über das Thema Snuff, das ist so düster und dreckig und anstößig und illegal, daß ich schon die Horden von Freaks hören kann, wie sie besten Szenen mit vielen "ey, voll cool"-Rufen ihren Freunden vorführen. Aber bitte, ihr könnt doch nicht alle blind sein!
Da wäre zunächst mal (und das ist der gewichtigste Grund für diesen Haufen Müll)die Wahl des Hauptdarstellers Nicholas Cage. Wenn dem die Rolle des Gutmenschen angedient wird, ist Vorsicht geboten. Und Cage enttäuscht uns nicht, das hier ist der König der Gutmenschen, der schon bei der Vorführung des Snuffstreifens ganz am Anfang eine Betroffenheitsszene (man achte auf den Gesichtsausdruck bei der Ohrfeige) abzieht, als wäre sie direkt aus einem Handbuch für Schauspielanfänger entliehen. Dieser Mann, den uns der Film als Detektiv verkauft (dem also die Existenz böser Dinge und Menschen irgendwie schon bekannt sein dürfte), nennt kein Arg sein eigen; der ist so gut und porentiefrein, da würden sogar die Gebrüder Grimm mit dem Kopf schütteln.
Danach wirds dann ein wenig besser, denn wenn Cage mit gut geprobtem Ekel durch die Pornoläden schleicht, steht ihm zum Glück Joaqin Phoenix beiseite, der diesem Film tatsächlich sämtliche Punkte beschert, die ich für ihn noch übrig habe. Eine glaubwürdige Figur aus diesem sozialen Umfeld, da kann man nicht meckern. Leider haben wir ihn nicht für allzuviele Szenen, denn Cage muß ja noch bis in den siebten Kreis der Hölle. Und da geht er dann auch hin, mit einer Sparflammenmimik, die genauso trübe ist, wie die Sets in denen gedreht wurde.
Natürlich wird das alles mit dem ganz dicken Pinsel rübergebracht, wenn sich die kühle Neutralität langsam auflöst, Cages Kleidung nachlässig bzw. lockerer wird und er die Anrufe bei seiner beschützenswerten Family immer eher abwürgt oder gar nicht mehr beantwortet.
Jaja, wir haben's verstanden.
Quietschvergnügt wirds dann gegen Ende, wenn er sich (wir konnten uns vor Lachen kaum halten) vom Mütterlein des Opfers die Versicherung abholt, daß der noch auszuführende Mord an einem der Täer auch gerechtfertigt ist. Das mußte ja ins Drehbuch, damit der Film nicht wegen Selbstjustiztendenzen Ärger bekommt - in etwa: wir haben zwar ein kontroverses Thema, aber wir müssen uns noch lange nicht damit auseinandersetzen und riskieren wollen wir schon lange nichts.
Schön, Cage darf so richtig abdrehen und tritt den Bösen mal so richtig zusammen und das provoziert dann auch schon den nächsten Lachanfall, weil das ebenso unrealistisch ausfällt wie Cages Gesamtinterpretation. Zwischendurch wird dann noch Phoenix geopfert (man möge mir verzeihen, wenn ich die Reihenfolge vielleicht ein wenig vertausche, aber eine Sekunde ist wie ein Jahr in diesem Film und das soll keine Liebeserklärung werden), was erstens schade und zweitens ein Klischee ist.
Vollends zwischen den Sitzen liegt der geneigte Zuschauer dann bei Cages panischer Heimkehr, wenn er laut heulend durch seine dunkle Wohnung rennt und nach seiner noch stärker jaulenden Ehefrau tastet. Allerdings wurde die Komik dadurch getrübt, daß die andere Hälfte des Publikums inzwischen vernehmlich stöhnte. Im Chor!
Könnten wir dieses durch und durch unmännliche Verhalten zwar noch akzeptieren, die Art und Weise (eine Mischung aus Stallones "Adrian"-Grunzern nach dem Kampf und einem hysterischen Kinderwimmern) läßt uns wünschen, Bruce Willis wäre mit seinem Stoneface durch den Film geschritten. Kann auf jeden Fall nicht schaden, einer Figur auch ein wenig Würde mit auf den Weg zu geben. Aber der letzte Zahn wurde uns eh schon vorher gezogen, denn so ziemlich jeder Wortwechsel zwischen Ehemann und Ehefrau kann einem die Schuhe ausziehen, voll von hohlem Kitsch und Pathos.
Fehlt also nur noch die Decouvrierung des maskierten Killers. Cage stellt ihn mit letzter Kraft und dann folgt die Frage, vor der wir uns seit beinahe zwei Stunden fürchten: Warum?
Ja, warum hat er die Rolle angenommen? Warum wurde dieses hochinteressante Thema so perfekt eingesargt?
Warum kommt uns diese Kinokarte auf einmal so verdammt teuer vor?
Der Killer hat natürlich auch keine gescheite Entgegnung parat. Aus Spaß, sagt er. Was hast du denn gedacht, fragt er. Und trifft den Nagel auf den Kopf. Wieso haben wir daran gedacht, daß nach diesem ganzen Haufen Dreck jetzt noch eine tiefsinnige Entgegnung folgen würde, die uns ein Aha-Erlebnis beschert (das wäre dann auch das erste), vor allem von einem Typ, der Machine heißt, ständig eine Ledermaske trägt und in einem Haus wohnt, daß offensichtlich beim Schweigen der Lämmer kopiert wurde.
Die letzte Szene zeigt uns einen gebrochenen Cage, der Blätter harkt, so perfekt gebrochen, daß man ihn gleich in Leaving Las Vegas-Teil 2 verfrachten könnte.
Nein Leute, superspannend ist daran nichts und Cage war selten schlechter als in diesem Film, allerdings auch mit einem Drehbuch geschlagen, bei dem ich immer noch nicht fassen kann, daß es von Andrew Kevin Walker (Sieben) ist.
Das Thema Snuff hätte eine Menge hergegeben, nur für einen "Was sind das bloß für Leute, die sowas tun"-Film ist es denkbar ungeeignet. Da fühle ich mich als denkender Mensch nämlich beleidigt, etwas moralisch durchzukauen, was einen passablen Thriller hätte abgeben können.
Superschlecht und gleichzeitig unfreiwillig komisch. Und gerade noch 2/10.