Cloverfield
Vorwort:
Als ich die ersten Trailer zu diesem Film gesehen habe, war ich wirklich interessiert, da er sehr spannend und unheimlich zu sein schien. Man wusste zwar, dass da irgendein Monster sein Unwesen trieb, aber was genau passierte war nicht klar.
Monsterfilme sind ja schon lange Zeit rar, von daher war es für mich als bekennender kaiju eiga Fan (kaiju eiga = japanische Monsterfilme) keine Frage, dass ich Cloverfield sehen musste.
Aber was taugt das Machwerk nun?
Anmerkung: Keine Angst vor Spoilern! Der Inhaltsteil verrät nicht viel mehr als auch auf einem Klappentext o.ä. stehen würde und im Kritikteil habe ich keinen konkreten Bezug auf bestimmte Szenen genommen.
Inhalt:
Zu Beginn sieht man einige Aufnahmen, die ca. 1 Monat vor den Ereignissen gemacht wurden. Rob und Beth lungern daheim faul rum und entschließen sich, den Nachmittag auf Coney Island zu verbringen.
Besagten Monat später wird eine Überraschungsfeier für Rob organisiert, der seit einiger Zeit in Japan lebt und dort eine Stelle angenommen hat. Als seine (ehemalige) Freundin Beth mit einem anderen Mann auf der Party auftaucht, kommt es zum Streit, in dessen Folge Beth wieder nach Hause fährt.
Kurz darauf kommt es scheinbar zu einem Erdbeben und einem großflächigen Stromausfall. Als man im Fernsehen von einem gekenterten Öltanker vor der Küste Manhattans hört, begibt sich die Partygemeinschaft auf das Dach des Gebäudes um zu sehen, was da von statten geht.
Es kommt zu einer gewaltigen Explosion mitten in Manhattan und einer panikartigen Massenflucht.
Einige der Gruppe begeben sich auf die Straße, wo sie vor den einstürzenden Häusern Schutz suchen und in Form eines kleinen Ladens auch finden. Als das Ungeheuer offensichtlich weiter gezogen ist, entscheidet man sich, über die Brooklyn Bridge zu fliehen.
Auf diese Idee kamen auch einige weitere Millionen Menschen, wodurch es auf der Brücke trotz geregelten Ablaufs und Kontrolle des Militärs verhältnismäßig langsam vorangeht.
Während der Evakuierung erhält Rob einen Anruf von Beth, die sich in ihrem Appartement befindet und nicht mehr bewegen kann. Als das Monster die Brücke angreift und dabei u.a. Robs Bruder Jason umbringt, erfolgt eine Massenpanik und Flucht zurück Richtung Manhattan, runter von der zerstörten Brücke.
Rob ist entschlossen, Beth zu helfen und sich einen Weg zu ihrem Appartement zu suchen. Zusammen mit seinem Freund Hud, dem "Kameramann", Jasons Freundin Lily und der etwas verstörten Angebeteten von Hud namens Marlena zieht er los und begibt sich zurück in die Höhle des Löwen...
Kritik:
Klingt spannend, was? Das dachte ich auch.
Wie gesagt, ich bin Fan von Monsterfilmen, aber als solcher hat man heutzutage von Hollywood aus nicht mehr viel zu erwarten. Da freut man sich über jeden Film dieses Genres, denn häufig sind solche Werke nicht. Der letzte "echte" Monsterfilm war im Prinzip Emmerichs Hollywood-Godzilla (von Fans der japanischen Filme gerne "Godzilla in name only", kurz GINO genannt) und hatte mich damals begeistert. Aber zu der Zeit war ich noch wirklich ein Kind. Jahre später, als ich ihn nach langer Zeit mal wieder gesehen hatte, fielen mir eine Menge Unzulänglichkeiten und Schwächen auf, so dass mir plötzlich klar wurde, dass das ein phänomenaler Flachschuss war. Fehler im Skript, schlechte Darsteller, schwachsinnige Storyansätze, gezwungen lustige Pseudo-Gags - alles so Sachen, die einem als Kind eben nicht auffallen.
Aber was hat das jetzt alles mit Cloverfield zu tun? Sehr viel! Denn hier ging es mir in gewisser Weise genau so, nur dass der zuvor jahrelange Prozess nun innerhalb weniger Minuten ablief. Vor dem Film war ich noch richtig neugierig, was passieren würde, wie das Monster aussieht usw. Aber schon in den ersten Minuten sank meine Meinung zu dem Film von "bestimmt richtig cool" auf "was für ein Humbug".
Zu allererst: Die Idee, einen Film komplett mit Handkamera zu drehen, ist wohl die bescheuertste aller Zeiten. Das war schon bei Blair Witch Project unglaublich nervig und aufdringlich und ist es bei Cloverfield umso mehr. Denn während erstgenannter Streifen ein eher geruhsamer Gruselfilm war, ist Cloverfield ein hektischer Actionreißer, wo eine dauerwackelnde Parkinson-Kamera um ein Vielfaches anstrengender und ätzender ist. Dazu dann noch dieser extrem basslastige Sound, der immer wieder bei irgendwelchen Explosionen und Stampfgeräuschen in ein nervtötendes Gebrumme verfällt und die plötzlichen Schnitte, die zu wiederholten Zeitsprüngen führen, machen aus Cloverfield eine echte Tortur.
A propos Schnitte: Ich weiß nicht was das soll, dass zwischendurch manchmal (wenn gerade nicht gefilmt wird) irgendwelche Szenen von vor den Ereignissen gezeigt werden, wo Rob und Beth rumrennen und sich lieb haben. Auch die Tatsache, dass immer wieder Schnitte vorkommen, die zu Zeitsprüngen von manchmal einigen Sekunden, ab und zu aber sogar mehreren Minuten führen, macht es dem Zuschauer nicht leichter, dieses optische Verwirrspiel nachzuvollziehen und zu verstehen, was da eigentlich gerade passiert. Tatsächlich kam es einige Male vor, dass ich keine Ahnung hatte, was da vor sich ging, weil die Kamera dauernd nur hin und her schwenkte und dabei irgendwelche Beine oder Hauswände filmte – ganz toll...
Und wenn wir schon bei der Inszenierung sind, auch noch was zu den Effekten.
Die sind quasi kaum erkennbar. Einige Sets und Szenen sehen richtig cool aus und sind aufwendig gestaltet und hin und wieder sind ein paar echt schicke SFX-Shots zu erkennen, aber leider eben nicht viel. Ich stehe zwar keineswegs auf effektüberladene Actionkracher, aber bei einem Monsterfilm erwarte ich doch, dass das Monster hin und wieder mal auftaucht. Tut es aber nicht. Man sieht es im ganzen Film vielleicht 2 Minuten lang. Sicherlich ist das so gewollt, aber für mich ist das der falsche Weg. So lässt sich über die Effekte auch nicht viel sagen. Dieses Vieh sieht, wenn es denn mal auftaucht, mal so richtig deppert aus und erscheint irgendwie konzeptlos, ist jedoch ganz gut animiert. Natürlich gilt hier, genau wie bei den Kulissen: Billige Darstellung ist ohnehin schwer zu entlarven, da die Kamera ununterbrochen rumwackelt als habe der Kameramann beide Arme gebrochen.
Aber was zum Teufel ist das eigentlich für ein Monster? Irgendwie sieht es in jeder Szene anders aus. Wie eine Mischung aus Frosch, Gottesanbeterin und Riesenkraken - was ist das bitte für eine Kreatur?
Was mich außerdem wahnsinnig gestört hat, war die Tatsache, dass man es sich wieder mal nicht verkneifen konnte, aus einem Monster gleich eine ganze Horde zu machen. Wieso kann denn niemand mal einen klassischen Monsterklopper inszenieren, bei dem ein einziges großes Monster alles platt macht? Sowas macht doch Spaß. Wieso müssen aus der "Hauptkreatur" wieder haufenweise "Babys" herauskommen?
Und warum wird auch wieder so eine Infektions- und Krankheitsgeschichte angedeutet? Verletzte werden - durchaus nachvollziehbar - in Quarantäne gesetzt, scheinen aber irgendeine Infektion davonzutragen. So ist Marlene z.B. auf einmal schwindelig und sie beginnt Blut zu weinen und wohl kurz danach auch zu kotzen.
Aber genug von Inszenierung und Konzept. Wie sieht es mit der Story aus?
Die ist simpel und extrem klischeehaft (Typ begibt sich in Gefahr, um seine Üsche zu retten).
Dadurch bleiben die Charaktere auch logischerweise absolut eindimensional. Zu Beginn versucht man durch die Aufnahmen der Party, den Personen etwas Background zu geben, aber das misslingt grundlegend, weil dieser "Hintergrund" auch nur den typischen Klischees folgt und bisweilen recht undurchsichtig wirkt. Hinzu kommt, dass die Darsteller allesamt zu gewöhnlich aussehen und man sie weder charakterlich noch physisch gut auseinander halten kann. Man sieht sie ja fast nie komplett, sondern immer nur Ausschnitte ihres Gesichtes oder Körpers, weil der Kameramann wohl wieder von epileptischen Anfällen geschüttelt wird. Zudem sind die Charaktere, wie schon einmal erwähnt, so belanglos, dass man sie auch nicht an ihren Aktionen oder Sprüchen erkennen könnte.
Obendrein ist jedoch auch kein einziger Schauspieler dabei, der zumindest versucht, seiner platten Klischee-Rolle irgendeinen interessanten Ansatz zu geben. Es sind einfach alles nur zu offensichtlich Laienschauspieler, Jahrmarktclowns, Zirkusvolk.
Wenn unsere "Helden" dann auch noch so unfassbar dummes Zeug von sich geben und Dialoge führen, die jenseits jeder Vorstellungskraft stehen, dann ist natürlich sofort jede mögliche Bindung, jedes Mitfiebern mit den Hauptdarstellern unmöglich. Oder würde sich irgendjemand noch ernsthaft fragen, wovor denn all die Ratten in den U-Bahn-Schächten fliehen, wenn man selbst gerade vor einem ca. 50m hohen Monster wegläuft, das offensichtlich noch hochgefährliche "Junge" bekommt?
Aber das alles könnte ja noch gerettet werden, wäre der Film einigermaßen spannend und kurzweilig. Kurz ist er (gerade einmal ca. 70 Minuten), aber kurzweilig leider nicht. Es passiert zwar ständig etwas, aber aufgrund der absolut nervenden Präsentation (Kameragewackel), die einem häufig verbirgt, was denn überhaupt da abläuft, kommt zu keinem Zeitpunkt echte Spannung auf. Das heißt, nicht ganz. Zu Beginn empfand ich noch große Spannung, was denn nun geschehen würde und v.a. was das denn für ein Monster ist, das da sein Unwesen treibt. Aber das hielt auch nicht lange an.
Meiner Meinung nach ist die Idee, einen Monsterfilm zu drehen, gar nicht schlecht. Solche Filme sind wie gesagt selten geworden und somit für den geneigten Zuschauer immer interessant. Aber leider begeht man bei Cloverfield den gleichen Fehler wie man ihn schon in Krieg der Welten machte: Man bastelt einen Monster- bzw. Katastrophenfilm, in dem der Hauptakteur, nämlich das Monster selbst, kaum auftritt und man sich wieder ein mal nur auf die menschlichen Schicksale konzentriert, die aber nicht halb so spannend sind.
Fazit:
Das Review ist bereits viel länger geworden als ich es eigentlich wollte, von daher ist jetzt
Fazit-Time.
Cloverfield ist für mich eine riesengroße Enttäuschung! Wer hier einen actiongeladenen Monsterreißer erwartet, wird maßlos enttäuscht. Zu Beginn geht einiges kaputt, danach passiert dann erstmal ca. eine dreiviertel Stunde lang gar nichts bevor dann gegen Ende wieder etwas mehr Tempo aufkommt.
Hier passt das Freitag Nacht News Zitat "Der Film ist zum Teil mit Handlung" ganz gut, denn die Macher haben offensichtlich versucht, den Fokus auf Story und Charaktere zu legen, sind dabei aber gescheitert und haben somit letzten Endes nur einen weiteren halbherzigen und einfallslosen Monster-Heuler kreiert, der nichts als langweilt.
Schande über alle Beteiligten!