Es ist wohl einmalig, was der österreichische Dokumentar- und Spielfilmer Ulrich Seidl mit "Import/Export" geschaffen hat.
Ein ("Spiel")Film, der anhand seines Ost-West-Hintergrunds cinematisch großteils doch tabuisierte und unbeliebte Themen wie Arbeit und Leben an und unter der Armutsgrenze, (Internet-) Pornographie und Prostitution sowie das Dahinsiechen todgeweihter Menschen derart schonungslos behandelt und seinem Publikum ungeschönt zeigt, gleichzeitig diesen bitteren Realismus jedoch so unzynisch mit urkomischem Unterton durchsetzt und nicht selten auch völlig beabsichtigt zum Lachen verleitet, das einem gleich darauf wieder bitter vergeht, ist mir auch sehr selten oder in dieser vollendeten Form vielleicht noch gar nicht untergekommen.
Warum dies alles derart meisterhaft gelingt und so besonders wirkt, erklärt sich auch durch den für Seidl, der ursprünglich reiner Dokumentarfilmer war, so typischen Mix aus Spielfilm und Dokumentation, aus Skript und Improvisation, aus Laien- und professionellem Schauspiel, aus Komik und Tragik, aus "Unterhaltung" und "Ernst".
"Import/Export" ist ein Film, der gleichzeitig erschüttert, oft peinlich berührt, abstößt, und auf der anderen Seite fasziniert und unterhält; eine einzigartige Gratwanderung zwischen Tragödie und Komödie, gewürzt mit unwiderstehlichem österreichischem Proleten-Charme und Schmäh ("Des is ka Sproch, des is a Rachenkrankheit", "Designerquasteln", etc...).
Ich hoffe, dass mich dieser mir lokal bedingt sehr bekannte, famose Wiener Slang auf teilweise unterstem Proleten-Niveau (und die häufige Nennung meines eigenen Vornamens ;) ) nicht etwas geblendet haben, aber das ist für mich auch abseits dieser persönlichen Schmankerl der Film des Jahres 2007 und je mehr ich darüber nachdenke, über diese intensive, unangenehme Art des Werks und die doch sehr ungeheuerliche, fast schon zu intime, aber trotzdem so respektvolle und ehrliche Herangehensweise Seidls an seine Charaktere (bzw. völlig "echten" Protagonisten) und Themen, verdient dieser unbequeme und furiose Film sogar die absolute Höchstwertung; gerade in Zeiten, in denen selbst im Autorenkino kaum mehr innovative oder derart wagemutige Wege gegangen werden.
Seidl sagt über sich, "Ich habe es von Kindheit an gehasst, wenn in meiner Umgebung, in meinem Elternhaus, in der Schule oder der Kirche Verlogenheit und Verdrängung herrschten".
Der Mann, der sich vor dem Filmemachen selbst mit verschiedensten Gelegenheitsjobs à la Tankwart oder Lagerarbeiter durchschlagen musste und streng katholisch erzogen wurde, dreht seine Filme aus einem persönlichen, tief sitzenden Antrieb heraus, den ich sehr schätze und pflegt einen respektvollen, sympathisierenden Umgang mit seinen schwierigen Außenseitercharakteren, den ich sehr begrüße und im Besonderen ist "Import/Export" insgesamt auch noch mal wesentlich tiefgründiger und bewegender als das schon herausragende, noch viel skurrilere, episodische Kuriositätenkabinett "Hundstage".